Mit zwei Schüssen hat ein Jäger das Leben der Hundedame beendet / Widersprüchliche Aussagen soll die Staatsanwaltschaft klären.

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Boxerdame Lotti wurde nur drei Jahre alt. Das Tier wurde erschossen.
Es war ein sonniger Nachmittag. Es sollte ein schöner Ausflug mit den Hunden werden. Doch zwei Schüsse fielen auf der Wiese bei Schossin und Normen Wendorf wurde in seinen Grundfesten erschüttert. Denn den Hund, den er vor einem Jahr aus einem spanischen Labor vor dem Tod gerettet hatte, gibt es nun nicht mehr. Ein Jäger hat ihn erschossen.
"Ich war mit einer Bekannten auf einer Wiese bei Schossin spazieren, dann hatte sich Lotti losgerissen, da zwei Rehe den Weg gekreuzt hatten. Plötzlich war sie mit der Leine auf der Wiese verschwunden", erzählt Normen Wendorf, der Besitzer der Boxer-Dame. Lautes Rufen und Pfeifen brachten nichts – der Hund war verschwunden. "Wir sind dann die Wiese abgelaufen. Plötzlich fielen zwei Schüsse, dann war alles ganz still", erzählt er weiter. Da er sich aber sonst auf seine Boxer-Dame verlassen konnte, hoffte er auch diesmal, dass seine Lotti wiederkommt. Aber auch die stundenlange Suche auf dem gesamten Areal brachte nichts. "Wir trafen dann einen Jäger an, fragten ihn. Doch er versicherte uns, nichts gesehen zu haben", erinnert sich Wendorf. Wenig später fand er die lange Schleppleine und das durchtrennte Halsband seiner Lotti sowie einen Blutfleck. "Ich hatte mich dann mit dem Wagen festgefahren. Ein Bauer in der Nähe konnte helfen", sagt Normen Wendorf. Doch der Landwirt konnte ebenso nicht wirklich helfen, wusste aber, wer der Jagdausübungsberechtigte für den Bereich war: Der Mann, den Wendorf bereits zuvor befragt hatte. "Wir haben ihn dann aufgesucht, er lief weg. Beim zweiten Versuch am nächsten Tag hatte er dann unter Zeugen gestanden, den Hund erschossen zu haben. "Ich war geschockt. Wollte von ihm wissen, wo meine Lotti ist. Er sagte nur, dass hätten die Wildschweine schon erledigt", erzählt der Hundebesitzer – noch immer den Tränen nah.
Der Jäger, Rainer Becker, sieht sich klar im Recht: "Der Hund hat gewildert. Ich musste ihn abschießen, denn freilaufende Hunde sind eine Gefahr für die Wildtiere. Es gab schon viele unschöne Geschichten", sagt der Mühlenbecker auf Nachfrage der Redaktion. Und warum er den Abschuss nicht gleich zugegeben hatte, erklärt er so: "Ich war allein, die Hundebesitzer waren zu zweit. Ich weiß doch nicht, wie die reagieren." Dass er den Hund den Wildschweinen als Futter auf den Acker geworfen hat, streitet er ab. "Ich habe ihn dann einen Tag später vergraben", sagt der Jäger. Wo? Das bleibt offen.
Normen Wendorf hat Anzeige bei der Polizei erstattet. Die hat jetzt die Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz und illegaler Tierkörperbeseitigung aufgenommen und auch die untere Jagdbehörde sowie das Veterinäramt des Landkreises Ludwigslust-Parchim verständigt. "Die Sachen werden derzeit geprüft und dann der Staatsanwaltschaft übergeben", sagte Polizeisprecherin Stephanie Naedler.
Wilfried Röpert, der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes Ludwigslust, ist schockiert. "Man erschießt nicht einfach so einen Hund. Sicher sind wildernde Vierbeiner nicht schön, doch dann muss man den Halter ausfindig machen und nicht einfach die Waffe ansetzen", betont der Wittenfördener. Röpert hat bereits von diesem Fall gehört, aber den betroffenen Jagdkollegen noch nicht angehört. Das werde aber noch kommen. Bei der nächsten Hegeringsversammlung werde das Thema ganz oben auf der Agenda stehen. "Wer das Ansehen der Jägerschaft bewusst schädigt, der fliegt aus dem Verband. Das steht schon mal fest", sagte er mit Nachdruck. Röpert kennt das Problem mit wildernden Hunden aus eigener Erfahrung. "Ich habe solche Hunde bereits mehrfach gesehen, sie dann verfolgt und mit den Haltern gesprochen. So macht es ein guter Jäger. Einfach drauflos schießen – davon distanzieren wir uns ganz klar", sagte der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes.