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Channel: Der Anti-Jagdblog - News über Jagd & Wildtiere
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Kirchenkritiker Karlheinz Deschner über Hubertusmessen und Jagd

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Das Interview führten Susann Witt Stahl & Volker Stahl

- Was denken Sie über Hubertusmessen?

Karlheinz Deschner: Die Hubertusmessen? Sie gehen auf den heiligen Hubertus zurück, über den, wie über so viele Heilige, ein Haufen Legenden, das heißt Lügen, fromme Lügen kursieren. Der Wahrheit nahe kommt wohl: Der Apostel der Ardennen war zunächst verheiratet und Vater des heiligen Floribert, seines Nachfolgers auf dem Lütticher Bischofsstuhl. Erlogen dagegen, wodurch er berühmt geworden ist: dass ihm auf der Jagd ein kapitaler Hirsch erschien mit einem Kruzifix zwischen dem Geweih, worauf er ihn laufen ließ. Ja, Jägerlatein.

Die Kirche aber, die so gern so vieles auf den Kopf stellt, machte Sankt Hubertus nicht, wie man erwarten sollte, zum Freund und Behüter der Tiere, sondern im Gegenteil, zum Patron ihrer Todfeinde, zum Patron der Jäger, Metzger, Schützengilden. Und die edlen Schützlinge halten am Hubertustag, am 3. November, sinnigerweise Hubertusjagden ab und die Pfaffen dann eben auch heilige Hubertusmessen.

Denn Schießen und Segnen, Schlachten und Beten gehören in der Geschichte von Mutter Kirche zusammen. Seit dem 15. Jahrhundert verleiht man auch einen Hubertusorden, der bis 1918 sogar Hausritterorden der Wittelsbacher war.

Und schließlich soll Sankt Hubertus nicht nur gegen die wilden Tiere helfen, sondern auch gegen sonst viel Bestialisches, wie gegen Schlangen- und Hundebiss, ja, gegen den Irrsinn – den kirchlichen natürlich ausgenommen.


- Da davon auszugehen ist, dass Ihnen nicht das Gleiche widerfahren ist wie "Sankt Hubertus" – was hat Sie bewogen, die Jagd aufzugeben? Gab es ein Schlüsselerlebnis?

Karlheinz Deschner:  Ein Schlüsselerlebnis? Dutzende von Schlüsselerlebnissen. Ich habe Hunderte von Tieren um ihr Leben gebracht, manche aufs Scheußlichste ermordet, angeschossen, worauf sie langsam verfault, verstunken, verhungert sind.
Über die Jagd wurde und wird vermutlich noch mehr gelogen als über den Krieg, beiseite, dass sie selbst eine Art Krieg ist, ein höchst ungleicher, extrem einseitiger, ein Krieg gegen die wehrlose Kreatur. Ich war zwölf Jahre Jäger, so genannter passionierter Jäger. Ich kenne das Geschäft, das edle Waidwerk, bei dem man aus dem Morden einen Kult macht, mit schönen Sprüchen, Hörnern, Halali, mit einer fast poetischen Waidmannsprache, mit grünen Brüchen, heuchlerischen Totenwachen, mit vielem Lügen und Selbstbelügen. Ich schrieb darüber in meinem ersten Buch "Die Nacht steht um mein Haus", und über nichts in meinem Leben schäme ich mich so wie über die Tiere, die ich massakrierte. Seit einem halben Jahrhundert vergeht kaum ein Tag, an dem mich das nicht heimsucht, quält.

Auszug aus einem Interview mit dem VEBU von 2004

Bundesweite Termine von kirchlichen Hubertusmessen:
http://www.deutsches-jagdportal.de/portal/index.php/community/display?categoryid=18

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