Der 81 Jahre alte Jäger aus Sittensen ist zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung wegen Totschlags verurteilt worden
Sittensen / Stade - Aus Angst um sein Leben schoss ein Rentner auf flüchtende Räuber - und traf einen 16-Jährigen. Jetzt verurteilen ihn die Richter zu einer Bewährungsstrafe. Auf Notwehr kann er sich nicht berufen.
Er erschoss einen 16-Jährigen nach einem Überfall auf sein Haus - jetzt ist ein 81-Jähriger zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung wegen Totschlags in einem minder schweren Fall verurteilt worden. Staatsanwalt und Verteidiger hatten im Prozess am Landgericht Stade auf Freispruch plädiert. Der Nebenkläger-Vertreter hatte eine Verurteilung wegen Totschlags gefordert.
Der Verurteilte erschoss den Jugendlichen im Dezember 2010, als dieser ihn zusammen mit vier Männern in seinem Haus in Sittensen überfallen hatte. Als die Täter flüchteten, schoss ihnen der Rentner mit einer Pistole hinterher und traf den Jugendlichen tödlich.
Nach Überzeugung des Gerichts gab der Rentner die Schüsse aus Angst um sein Leben bewusst ab, überschritt dabei aber die Grenzen der Notwehr. "Ein gezielter Schuss auf Arme oder Beine wäre ausreichend gewesen und hätte auch den Angreifer gestoppt", sagte der Vorsitzende Richter Berend Appelkamp in seiner Urteilsbegründung.
So habe der Rentner auf einen ohnehin fliehenden Menschen geschossen. Als Jäger sei er waffenkundig gewesen und hätte wissen müssen, dass er nicht auf den Oberkörper zielen dürfe. "Er hat den Tod des Räubers subjektiv billigend in Kauf genommen."
Die Strafkammer hielt dem 81-jährigen jedoch zugute, dass er in einer akuten Belastungsreaktion gehandelt habe. Der Rentner, selbst vor vielen Jahren Opfer einer Erpressung, glaubte demnach in der Tatnacht einen Schuss gehört zu haben und fühlte sich persönlich bedroht. In der Zeitung habe er von einem Raubüberfall in Oldendorf im Kreis Stade gelesen, bei dem das Opfer getötet worden sei.
"Der Angeklagte hatte Todesängste", sagte Appelkamp. Darum könne das Gericht nicht ausschließen, dass er die Schüsse in einem Zustand verminderter Schuldfähigkeit abgegeben habe. Seine Steuerungsfähigkeit sei wegen der extremen Belastung während des Überfalls erheblich eingeschränkt gewesen.




Laut Beweisaufnahme hatte der Verurteilte ein Verhältnis mit einer Prostituierten. Deren Freundin gab den Tätern den Tipp, dass der Rentner vermögend sei. Daraufhin überfielen diese den Mann in seinem Haus. Als die Alarmanlage ausgelöst wurde, flüchteten die maskierten Räuber durch die Terrassentür. Der damals 77-Jährige schoss dem 16-jährigen in den Rücken. Das Geschoss drang in das Herz des Jugendlichen, der verblutete und wenig später starb.
Für den Überfall waren die Komplizen des Erschossenen, junge Männer im Alter von knapp über 20 Jahren, von einer anderen Strafkammer des Stader Landgerichts zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Eine 21-jährige Frau wurde wegen Anstiftung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.