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Channel: Der Anti-Jagdblog - News über Jagd & Wildtiere
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Erst füttern, dann abschießen: Ist das noch Jagd?

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Rechtsfreier Raum im Lüdersburger Jagdrevier? - Naturschützer haben Revier im Visier

Ganzjährige Fütterungen von Wildtieren, unerlaubte Eingriffe in die Natur, Verstöße gegen die Fallenjagd - die Liste der Vorwürfe ist lang, die der Landkreis Lüneburg aktuell zu prüfen hat. Der Landkreis hat ein Verfahren gegen die "Freiherr von Spoercken GmbH" eingeleitet, einen kommerziellen Jagdanbieter in Lüdersburg (Landkreis Lüneburg). Anstoß dafür war eine Anzeige des Naturschutzbundes Lüneburg gegen den Revierinhaber. Bei insgesamt drei Ortsterminen habe sich der Landkreis daraufhin selbst ein Bild im Jagdrevier gemacht und anschließend ein Verfahren eingeleitet, erklärt Wolfram Kallweit, Fachbereichsleiter Ordnung und Umwelt beim Kreis Lüneburg, auf NDR Anfrage. "Es geht um Verstöße gegen verschiedene Gesetze wie das Jagdgesetz, das Wassergesetz und das Umweltgesetz", so Kallweit.

Zum Video:  http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/Tierschuetzer-kritisieren-Jagd-Methoden,hallonds24042.html

Sauklappen, die Wildschweine in das Jagdgatter herein, nicht aber wieder heraus lassen.

"Ein rechtsfreier Raum"

Drastischer formuliert NABU-Mitarbeiter Thomas Mitschke die Situation in dem Lüdersburger Jagdrevier: "Meiner Meinung nach haben die sich da einen rechtsfreien Raum geschaffen", behauptet der Naturschützer. Seit einem Jahr hat Mitschke das Jagdrevier im Visier. Dem Landkreis legte Mitschke bei seiner Anzeige unzählige Fotos vor, die er in dem Revier der "Freiherr von Spoercken GmbH" gemacht haben will. Darauf zu sehen sind unter anderem Lebendfallen beispielsweise für Marderhunde oder Füchse, die wider das Jagdrecht nicht abgedunkelt sind. "Die gefangenen Tiere werden darin schier wahnsinnig, weil sie das Tageslicht sehen, aber nicht hinaus können", erklärt Mitschke. Ein Vorwurf, bei dem der Rechtsanwalt der "Freiherr von Spoercken GmbH" Versäumnisse einräumt: "Wir haben hier sofort nachgerüstet und die Fallen abgedunkelt", sagt Dr. Florian Asche.

2000-4000 Enten werden jedes Jahr in 25 Teichen vom Freiherren von Spoercken zu Jagdzwecken ausgesetzt und gefüttert.

Laut Mitschke befinden sich viele der Fallen rund um die Ententeiche, auf denen die "Freiherr von Spoercken GmbH" eigenen Angaben zufolge mehrere Ententreiben pro Tag anbietet. Auf seiner Homepage wirbt der Jagdanbieter mit dem "hohen Vorkommen" der Enten, dank eines "perfekten Lebensraums" für die Tiere. Verantwortlich für die Fülle an Flugwild ist laut NABU-Recherchen jedoch auch das Aussetzen von Enten. "Die werden da im Frühjahr massenhaft ausgesetzt und durch Fütterungen am Teich gehalten, bis sie geschossen werden", behauptet Thomas Mitschke. Laut Kreisverwaltung wird derzeit überprüft, wie viele Enten zu welchem Zeitpunkt ausgesetzt worden sind. Auch eine Vergrößerung der Teiche sowie die vorhandene Wasserqualität in den Gewässern sind Teil des Verfahrens, wie der Kreis bestätigt. 


Toter Fuchs, laut Nabu gefangen und entsorgt


Landkreis-Mitarbeiter fanden Futtereinrichtungen

Der Anwalt der GmbH, Experte für Jagdrecht, räumt ein, dass jährlich 2.000 bis 4.000 Enten auf den insgesamt 25 Teichen ausgesetzt würden. "Das ist Teil des Jagdbetriebes. Diese Enten werden gejagt und verkauft", erklärt Asche. Auch die Fütterungen leugnet der Rechtsanwalt nicht: "Das sind sogenannte Aussetzungsfütterungen, mit denen man die Enten an das Gewässer bindet, das ist rechtmäßig."

Ob solche Fütterungen im Jagdrevier Lüdersburg tatsächlich rechtmäßig sind, hat nun der Landkreis zu prüfen. Bei den Besichtigungsterminen vor Ort fanden Mitarbeiter Futtereinrichtungen sowohl an den Ententeichen als auch in dem Jagdgatter, einem eingezäunten Jagdbezirk. Nur in Notzeiten oder in genehmigten Ausnahmefällen aber dürfen Wildtiere laut niedersächsischem Jagdgesetz in größeren Mengen gefüttert werden. "Eine solche Genehmigung lag nach unserem jetzigen Kenntnisstand nicht vor", so Wolfram Kallweit auf NDR Nachfrage.

"Man kann nicht danebenschießen"

Ohne Fütterungen würde man die Tiere im Jagdgatter "verhungern lassen", rechtfertigt Rechtsanwalt Asche die Fütterungen. Die Gatterfläche sei zwar groß. Sie sei aber nicht so beschaffen, dass sie für die Anzahl der Tiere ausreichend Nahrung liefere. Glaubt man Thomas Mitschke, sei die Zahl der im Gatter lebenden Tiere jedoch erstaunlich hoch. "Da sind so viele Wildschweine drin, da kann man gar nicht daneben schießen", meint Mitschke. Verantwortlich für die hohe Population, so die Vermutung des Naturschützers, seien neben den Fütterungen sogenannte Sauenklappen im Jagdgatter, die den Tieren das Eindringen, nicht aber den Ausweg ermöglichten. Die Existenz solcher Klappen bestätigt Rechtsanwalt Asche. Diese seien vom früheren Revierjagdmeister installiert, vom aktuellen Amtsträger aber arretiert worden. "Das Gatter ist vollständig dicht."

Inwieweit eine Jagd im Gatter überhaupt noch zeitgemäß ist, ist weniger eine rechtliche als eine moralische Frage. Seit 2002 ist die "Errichtung von Gehegen für wild lebende Tiere zum Zweck der Jagdausübung" unzulässig, bestätigt das niedersächsische Landwirtschaftsministerium auf NDR Anfrage. Bestehende Gatter wie das in Lüdersburg aber genießen Bestandsschutz. Seit fast 45 Jahren gibt es das Jagdgatter hier, für Rechtsanwalt Asche, selbst aktiver Jäger, ist die Jagd im Gatter eine normale Form der landwirtschaftlich-forstwirtschaftlichen Nutzung, eine artgerechte noch dazu: "Gemessen an der Fläche können diese Tiere so leben wie in der freien Natur." Eingesperrt aber sind sie doch - für Naturschützer ein unhaltbarer Zustand: "Das hat für mich nichts mit Waidgerechtigkeit zu tun, wenn man auf eingesperrte Tiere schießt", sagt Mitschke.

Zum Artikel mit Bildergallerie: 
http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/lueneburg_heide_unterelbe/Erst-fuettern-dann-abschiessen-Ist-das-noch-Jagd,jagd326.html

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