Der US-Bundesstaat New Jersey hat ein Bärenproblem. Um mehr Jäger zur Dezimierung des Bestandes anzuregen, verteilen die Behörden ein Schwarzbärenkochbuch.

Bärensteaks im Bierbad sind leicht zuzubereiten. «Ofen auf 160 Grad vorheizen. Mehl, Salz und Pfeffer in einem grossen Plastiksack mischen. Steaks hinzugeben, schütteln. Butter und Öl in schwerer Pfanne erhitzen. Steaks beidseitig bräunen. Fleisch in Gratinform legen, mit einer Schicht Zwiebeln bedecken, einen halben Liter dunkles Bier sowie ein Lorbeerblatt beigeben. Zweieinhalb Stunden backen, bis das Fleisch ganz gar und weich ist.» Guten Appetit.
Die grössere Herausforderung ist da schon das Zerlegen des Bären, wofür nicht immer ein Profimetzger gewonnen werden kann. Doch auch hier bietet das Kochbuch der Fischerei- und Wildtierbehörde von New Jersey Hilfe. Detailreich wird beschrieben, wie der gehäutete und enthauptete Bär auf einem Schlachttisch platziert oder gar an Ketten aufgehängt werden muss, damit er mit dem Jagdmesser filetiert werden kann. Unverzichtbar ist die Knochensäge, extrastark.
Der US-Gliedstaat New Jersey will die Bevölkerung auf den Bärengeschmack bringen. Im Dezember beginnt die Jagd, und jede und jeder, der einen geschossenen Petz zur staatlichen Wägestation bringt, kriegt das Schwarzbärenkochbuch geschenkt. «Schmeckt wirklich lecker», bewirbt der Chefbiologe der Wildtierbehörde den Bärenschmaus. «Ganz ähnlich wie Rind.» Sein Favorit seien langsam gegarte Rippchen. Die amtliche Rezeptsammlung soll hungrig machen und mehr Abschüsse generieren. Denn die Bärenpopulation in New Jersey wächst.
Vor vier Jahren wurden mehr als 3400 Tieregezählt, die meisten davon nördlich der Autobahn I-80, die den Staat zweiteilt. Beschwerden aus der Bevölkerung wegen durchwühlter Mülltonnen oder nächtlicher Begegnungen vor der Garage haben zugenommen. Viele Bürger sorgen sich um ihre Hunde und Kleinkinder. Amerika liebt seine Wildnis, aber nur im Nationalpark.
Gefährliche Begegnungen
Um den Bestand zu regulieren, hat New Jersey 2010 die Bärenjagd wieder eingeführt – an sechs Tagen im Jahr darf geschossen werden. Anfänglich war der Enthusiasmus gross: Jäger kamen aus allen Winkeln des Staates, 592 Bären wurden in der ersten Saison erlegt. Seither aber ist die Zahl rückläufig; 2013 wurden nicht einmal mehr halb so viele Tiere geschossen. Noch immer sollen deshalb 2400 Bären in New Jersey leben.
Zu viele, finden die Behörden. Das Bärenvolk sei «ausser Kontrolle», erklärte letzten Monat Larry Ragonese vom Amt für Umweltschutz. Im laufenden Jahr seien 146 «gefährliche Begegnungen» zwischen Mensch und Schwarzbär registriert worden. Auch der Schutz des Menschen v o r der Umwelt gehört zu den Aufgaben der Amtsstelle.
Seit September haben die Bärensorgen neue Dringlichkeit. Erstmals in der jüngeren Geschichte New Jerseys hat ein Schwarzbär einen Menschen getötet. Eine Gruppe Studenten der Universität Rutgers war auf einer sonntäglichen Wanderung im Apshawa-Naturschutzgebiet unterwegs, nur etwa 70 Kilometer von der New Yorker Innenstadt entfernt, als sie auf einen Bären stiessen, der ihnen hinterherzulaufen begann. Die fünf jungen Leute trennten sich, rannten in alle Richtungen. Der Bär bekam einen 22-jährigen Informatikstudenten zu fassen und biss ihn zu Tode. Die alarmierte Polizei erschoss das 135 Kilogramm schwere Tier, das sich noch immer in der Nähe der Leiche aufgehalten habe.
Schwarzbären gelten eigentlich als scheu, Angriffe auf Menschen sind selten. Das Wildtieramt vermutet, das Tier in Apshawa sei durch den Geruch von Essen angelockt worden; die Wanderer hätten Müesliriegel mit sich geführt. Hunger mache die Bären von New Jersey zurzeit aggressiv: Die Eicheln, von denen sie sich im Herbst hauptsächlich ernähren, sind dieses Jahr rar.
Nicht flüchten
Wer einem Bären begegnet, sollte zudem auf keinen Fall davonrennen: Stehen bleiben und Ruhe halten, lautet der amtliche Ratschlag, im Notfall sogar eher kämpfen als die Flucht ergreifen.
Das Wildtieramt bläst nun zur Jagd: Wer auffällig wird, wird aufgegessen. Ganz falsch ist die Idee des Schwarzbärenkochbuchs dabei nicht. Dem Fleisch des Bären wurde bisher zu wenig Wertschätzung entgegengebracht.
Eine Ursache für den Rückgang der Abschussquote ist, dass die meisten Waidmänner nur auf Trophäen aus sind, die Sache mit dem ersten Bärenfell erledigt ist. Warum auch wiederkommen – die Bärenjagd ist teuer, allein die Bergung des Kadavers kann ins Geld gehen. In New Jersey hofft man nun, einen neuen Kundenstamm zu erschliessen: die millionenstarke Fraktion der Barbecue-Grillmeister.
http://www.tagesanzeiger.ch/panorama/vermischtes/Pack-den-Baeren-auf-den-Grill/story/24171281