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Wildfütterung als "Perversion" - Rehwild verfettet zusehends

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"Immer sind die anderen schuld"

Weilheim-Schongau - Den Jagdvorstehern haben bei der Sitzung die Ohren geschlackert. Denn was Revierjagdmeister Nikolaus Urban als Referent zum Thema Rehwildfütterung von sich gab, war radikal.

Nikolaus Urban sorgte für deutliche Worte bei der Versammlung. bo

Nikolaus Urban sorgte für deutliche Worte bei der Versammlung.

Seit 30 Jahren verfolgt der Niederbayer Urban schon die gleichen Rituale beim Thema Wildverbiss. Und ebenso lang ist die Erkenntnis: „Immer sind die anderen schuld.“ Das heißt, die Grundbesitzer beschuldigen die Jäger und umgekehrt. „Ich will niemanden provozieren“, sagte Urban, doch seine folgenden Ausführungen waren eine Breitseite gegen die Jäger.

Das ging schon los bei der Klage, man wolle das Rehwild ausrotten. Dem hält Urban entgegen, dass Mitte der 50er Jahre in Bayern noch 80 000 Stück Rehwild geschossen wurden, es mittlerweile aber 280 000 seien - und immer noch genug da sei. Das sehe man vor allem an der steigenden Zahl der Wildunfälle.

Die Jagd ist der Forstwirtschaft untergeordnet, sagte Urban, der Jäger müsse Dienstleister sein. „Im Gesetz steht, dass der Waldbesitzer verpflichtet ist, den Wald vor Schäden zu bewahren. Das gilt auch für Wildschäden.“ Es reiche nicht, vom Jäger einen finanziellen Ausgleich zu erhalten. Der Schaden im Wald müsse ebenfalls ersetzt werden, wenn etwa die Tanne gar nicht hochkomme. „Solche Klauseln müssten im Pachtvertrag eingefügt werden. Schließlich ist es Euer Eigentum, um das es geht“, rief er den Grundbesitzern zu.

Missbrauch und Perversion statt natürlicher Auslese

Völlig auf Kriegsfuß steht Urban mit der Fütterung des Wildes, was eigentlich nur in Notzeiten passieren dürfe. „Aber es ist keine Notzeit, wenn schwächere Rehe verenden. Das ist natürliche Auslese“, polterte Urban. Er sprach von regelmäßigem Missbrauch und „Perversion“, und die Grundbesitzer müssten das verhindern. „Sie tragen die Verantwortung“, nahm er sie in die Pflicht. Ob gefüttert werden darf oder nicht, ob Schwarzwild in die Jagdgenossenschaft gekirrt (mit Fressen angelockt) werden darf oder nicht, ob durch überhöhte Schalenwildbestände wichtige Teile der Naturverjüngung über Jahre hinter Zaun gehalten oder weggefressen werden - „da dürfen Sie den Jägern nicht auf den Leim gehen“, warnte Urban, der selber Berufsjäger ist.

Mit der Fütterung werde die Anpassungsfähigkeit des Wildes an den Lebensraum verhindert. „Der Wildbestand hat sich der Landeskultur anzupassen, nicht umgekehrt.“ Bei ihm im Revier seien Kirrung und Fütterung verboten. Etwas hilflos fragte Martin Staltmeier (Schönberg), was man denn mit fütternden Jägern machen solle. „Verbieten Sie es!“, forderte Urban, „Sie sind die Grundbesitzer. Das gibt natürlich Ärger, denn die Jägern meinen es ja nur gut.“

Rehwild verfettet zusehends

Bei Johann Furtmayr (Huglfing) rannte Urban mit seinem Plädoyer gegen die Fütterung offene Türen ein. „Es kann doch nicht sein, dass jetzt schon das Futter mit dem Anhänger in den Wald gefahren wird.“ Ihn rege vor allem auf, dass man bei einem erlegten Stück Wild einen Tag in der Schonzeit gleich wie ein Schwerverbrecher behandelt werde, die Fütterung aber niemanden interessiere. „Warum wird dem nicht besser nachgegangen?“, wollte Furtmayr von Helmut Stork, dem Leiter der Unteren Jagdbehörde am Landratsamt, wissen. „Wenn wir einen Missbrauch feststellen, haben wir die Möglichkeit, das zu untersagen. Und das kommt auch vor“, betonte er.

Mit Walter Heußler, der als einziger Vertreter des Jagdverbands Flagge zeigte, leistete sich Urban noch ein Rededuell, das er klar gewann. „Es gibt kein Futter, das Rehwild vom Baumverbiss abhält“, stellte Urban klar. Und sogar bei ihm im Revier ohne Fütterung sei das Rehwild wegen des Zwischenfruchtanbaus in der Landwirtschaft total verfettet. „An der Fütterung zerreißt es sie regelrecht, weil sie gar nicht in der Lage sind, das alles zu verarbeiten“, sagte Urban zum Abschluss.

http://www.merkur-online.de/lokales/schongau/landkreis/wildfuetterung-perversion-3227407.html

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