DÜSSELDORF. Im Konflikt um ein neues Landesjagdgesetz fordern die Tierschützer in NRW drastische Abschussverbote. Noch stehen über 100 Tierarten auf der Liste der jagdbaren Tiere. Geht es nach dem Bund für Natur- und Umweltschutz (BUND), darf in den Wäldern künftig nur noch zum Halali auf sechs Paarhuferarten geblasen werden: Rehe, Wildschweine, Rot-, Dam-, Sikahirsch und Mufflon.

Die Jäger sind empört: Aus Sicht der Waidmänner reicht es wie bisher aus, für gefährdete Arten Schonzeiten zu verhängen. Nach der Sommerpause will Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) den Entwurf für ein ökologisches Jagdgesetz vorlegen.
Seit Monaten tobt ein erbitterter "Glaubenskrieg" um die Jagd: Nur im Verzicht auf bleihaltige Munition sind sich die beiden Lager offenbar einig. Mit einem Zehn-Punkte-Katalog der Mindestanforderungen schüren acht Tier- und Naturschutzverbände den Streit mit den Grünröcken. Dazu zählt auch ein Verbot des Abschusses von Haustieren.
"Über 10 000 Katzen werden jährlich in NRW zur Strecke gebracht", kritisierte der Vizepräsident des Tierschutzbundes NRW, Ralf Unna, in Düsseldorf. Zum Schutz von Vogelarten plädiert Tierarzt Unna für die Kastration von "Streunerkatzen". Der Landesjagdverband hält den Abschuss von wildernden Katzen und Hunden "in Notfällen" aber weiter für unverzichtbar, um wildlebende Tierarten zu schützen.
Die Tierschützer verlangen ein Ende der Fallenjagd und der Ausbildung von Jagdhunden an flugunfähig gemachten Enten. Ferner sollen Marder, Wildkatzen, Rabenvögel, Schwäne und Schnepfen von der Liste der jagdbaren Arten gestrichen werden. "Darunter geht nichts", drohte BUND-Landeschef Holger Sticht nach dem ersten Zusammenschluss von Natur- und Tierschützern in NRW.
Grundsätzlich sollen nur noch Tiere geschossen werden dürfen, die später auch verzehrt werden. Teile der Jägerschaft nahm Unna ohne Schonfrist verbal voll ins Visier: "Jäger geben in ihrer Freizeit viel Geld aus, um Tiere hobbymäßig zu töten. Wir wollen Tiere überleben lassen. Ich weiß nicht, wie das zueinander kommen soll."
Umweltminister Remmel hat das neue Jagdgesetz schon mehrfach vertagt, weil Jäger und Tierschützer sich wie die Kesselflicker bekämpfen. "Es geht nicht darum, die Jagd zu schwächen und die Jäger zu diskreditieren", wirbt Remmel um Verständnis. Der Minister will die gesellschaftliche Akzeptanz der Jagd stärken - deshalb überdenkt Remmel auch die Befugnisse zum Töten streunender Haustiere.
Tierschützer Ralf Unna gibt sich entschlossen und wenig kompromissbereit: "Die Jagd darf keine Ausnahmen mehr vom Tier- und Naturschutzrecht bekommen." Jochen Borchert, Vorsitzender der Jägerstiftung natur und mensch, kritisiert: "Die Forderungen der Tier- und Naturschutzverbände haben faktisch die Abschaffung der Jagd zur Folge."
Die Jäger seien bereit, über eine Reform des Landesjagdgesetzes zu diskutieren. "Wir lassen uns aber nicht von Ideologen treiben und uns auf Schädlingsbekämpfer und Wildfleischversorger reduzieren."
Wer darf jagen?
Wer in Deutschland jagen will, braucht einen amtlichen Jagdschein. Dazu müssen Theorie- und Schießprüfung bestanden werden. Nachzuweisen sind unter anderem Kenntnisse über Tierarten und Naturschutz. Auch Waffentechnik, Jagdrecht, Behandlung des erlegten Wildes und Wissen über Jagdhunde gehören zum Pflicht-Kanon.
Insgesamt sind für die schriftliche staatliche Prüfung 100 Fragen aus einem 500 Punkte umfassenden Katalog zu beantworten. Zuständig ist die untere Jagdbehörde der Region. Wer mit Greifvögeln jagen will, muss zusätzlich noch eine Falknerprüfung ablegen. Ausländern kann ein Tagesjagdschein erteilt werden, wenn entsprechende Kenntnisse nachgewiesen werden.