Hoffentlich zeigt später auch jemand diesen Jäger an, so er die Rehe abknallt, die er jetzt für dieses Abknallen schützen möchte.
Kreis Günzburg
Für Wildtiere kann in diesen Wochen ein Versteck in einer Wiese zur Falle werden, aus der es kein Entrinnen gibt. Das Problem ist bekannt. Aber wie sieht eine Lösung aus?
Wenn sich ein Rehkitz bedroht fühlt, duckt es sich in den ersten Wochen seines Lebens. Es läuft nicht weg, auch wenn sich das breite Mähwerk einer landwirtschaftlichen Maschine nähert. Das junge Leben des Wildtieres ist damit besiegelt. Schätzungen zufolge liegen die jährlichen Verluste im fünfstelligen Bereich.
Ein Jagdpächter hat im Raum Thannhausen (Kreis Günzburg) einen Landwirt angezeigt, weil er seine Wiese gemäht und dabei ein Rehkitz getötet hat. Der Jäger hatte angeboten, die Wiese abzugehen, war aber nicht verständigt worden. In Hof musste sich ein Bauer vor dem Amtsgericht verantworten. Er hatte Hinweise einer Augenzeugin, dass in seiner Wiese junge Rehe seien, missachtet und seine Mäharbeiten unbeirrt fortgesetzt. Zwei Tiere starben. Den Strafbefehl wollte der Bauer nicht akzeptieren und legte Widerspruch ein. Der Amtsrichter verurteilte ihn wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu einer Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro. Damit ist der Mann nicht einverstanden. Die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht findet am 23. Juni statt.
Landwirte versuchen Verluste zu minimierenUlrich Hins vom Bayerischen Bauernverband (BBV) spricht von Einzelfällen. Wer daraus ableite, dass sich die Bauern grundsätzlich wenig rücksichtsvoll gegenüber schutzlosen Wildtieren verhielten, „der ist einfach unverfroren“. Die Landwirte bemühten sich, Verluste in Grenzen zu halten, und würden regelmäßig in Fachzeitschriften über die Probleme des „Ausmähens“ und das richtige Verhalten informiert. Auch Technik hilft. So könne man beispielsweise neben dem Mähwerk Stäbe anbringen, die rotierten, entsprechenden Lärm erzeugten und die Rehkitze aufscheuchten.
Rehkitze im fünfstelligen Bereich sterben jährlich bei MäharbeitenDie Deutsche Wildtier-Stiftung geht davon aus, dass jedes Jahr deutschlandweit „Rehkitze im fünfstelligen Bereich“ Opfer der modernen Landwirtschaft werden. „Es ist ein Riesenproblem, ein Konflikt, der seit Jahren anhält und nicht gelöst ist“, sagt der Forst- und Jagdexperte der Stiftung, Andreas Kinser. „Eine spätere Mahd würde viel Leid auf den Wiesen ersparen. Doch das hat dann auch mit Qualitätseinbußen zu tun. Und ein wirtschaftlicher Betrieb ist so wohl nicht zu führen.“
Heuer ist wegen des guten Wetters schon früh das erste Mal gemäht worden und der zweite Schnitt steht demnächst an. Die Hauptsetzzeit für die Kitze ist in den Monaten Mai und Juni. In den ersten drei Wochen kauern sich die Tiere zusammen, wenn ihnen etwas bedrohlich vorkommt. Sie lassen sich nicht aufscheuchen, bewegen sich nicht von der Stelle. Gegenüber Fressfeinden wie Fuchs oder Wildschweine ist das genau das richtige Verhalten, weil ein Kitz noch keinen Eigengeruch verströmt, den man wittern könnte. Die Schutzfunktion wird aber zur tödlichen Falle, wenn das Mähfahrzeug kommt. Die letzte Chance ist dann ein aufmerksamer und bedachter Landwirt.
Hilfe aus der Luft für RehkitzeDer Bayerische Jagdverband versucht, aus der Luft den Rehkitzen zu helfen. Zwei Mitarbeiter bedienen und werten die Bilder eines Oktokopters – eine Drohne mit acht Rotoren – aus. An dem leistungsstarken Flugobjekt sind Kameras angebracht, die auch die Körperwärme eines Lebewesens erkennen und den Standort mithilfe von GPS-Daten bestimmen können. Die Mitarbeiter kommen, wenn sie von einem Jagdpächter gerufen werden. Doch sie können nicht mehreren Anfragen gleichzeitig nachkommen.
Und dass sich eine Hegegemeinschaft vor Ort einen Oktokopter zulegt, ist eher unwahrscheinlich. Vor allem die Ausstattung fällt preislich ins Gewicht. Ein Gerät kostet nach Angaben des Jagdverbandes zwischen 15000 und 20000 Euro. Und als Dienstleistung will der Jagdverband die Wildrettung bislang nicht dauerhaft anbieten. Der Versuch läuft Ende 2015 aus.