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Ökologische Jäger: "Wir knallen nicht irgendetwas ab"

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Waidmänner sehen sich vor allem als Umweltschützer — Wald vor Tier - 

 

Wolfgang Kornder hält die konventionelle Jagd für nicht zeitgemäß, den Sinn der Jagd an sich stellt er nicht in Abrede.

Wolfgang Kornder hält die konventionelle Jagd für nicht zeitgemäß, den Sinn der Jagd an sich stellt er nicht in Abrede.


Ökologischer Jagdverein. Das klingt nach heiler Welt zwischen bleiloser Munition und sanft getöteten Tieren. Was verstehen Sie darunter?

Wolfgang Kornder: Die Jagd nach den ökologischen Erkenntnissen der Forschung auszurichten. Wenn man diesen Grundsatz ansetzen will, dann muss man neben dem Tier auch das Biotop betrachten. Dieses Wechselspiel von jeweiligem Biotop und den Tiergemeinschaften sollte der Interpretationsrahmen für die Jagd sein.

Kritiker werfen Ihnen vor, Sie würden zu sehr dem Grundsatz „Wald vor Wild“ folgen.

Kornder: Diesen Grundsatz halten wir für absolut richtig. Wir haben uns gefreut, dass er 2005 ins Bayerische Waldgesetz aufgenommen wurde. Historisch betrachtet, war der Wald einst nur die Kulisse für die Jagd. Das kann man aus ökologischer Sicht so nicht stehenlassen. Die Reihenfolge ist ganz klar. Das jeweilige Biotop bestimmt die Populationsdichte. Das Biotop kommt vor dem Einzelwesen und damit auch vor dem Wild.

Der ÖJV war 1988 als Alternative zum Bayerischen Jagdverband gegründet worden. Was machen Sie besser als die anderen? Schließlich sieht auch der sich als Hüter des Natur-, Landschafts- und Tierschutzes.

Kornder: Der Grund waren die negativen Auswüchse der Jagd, also die viel zu hohen Schalenwildbestände, und ihre Auswirkungen auf den Wald, die so nicht mehr hinnehmbar waren. Wir wollten eine Jagd mit einem neuen Leitbild schaffen, die die Umwelt, den Naturschutz, aber interessanterweise auch die Ökonomie stärker berücksichtigt.

Seit Jahren führt der Klimawandel zu einer massenweisen Vermehrung des Borkenkäfers und in der Folge zu enormen Waldschäden. Was kann da die Jagd ausrichten?

Kornder: Das ist ein ganz zentraler Punkt unserer Arbeit. Es ist zu warm für die Fichte und es gibt viel zu wenig Niederschläge, dadurch wird sie anfällig für den Borkenkäfer. Also brauchen wir Arten, die mit dem Klimawandel besser zurechtkommen, wie etwa die Tanne, aber auch die Eiche. Sie können am besten ohne Schutz wachsen. Allerdings sind beide extrem hoch verbissgefährdet. Die Schlüsselfunktion der Jagd liegt also darin, die Wildbestände so zu regulieren, dass diese Bäume wachsen können — auch ohne Zäune oder andere Schutzmaßnahmen.

Wenn Bauern darüber klagen, dass ihnen massenweise Feldhasen die Salatköpfe vom Acker fressen, dann ist die Jagd noch in gewisser Weise nachvollziehbar. Aber bei Füchsen oder Fasanen erschließt sich dem Laien der Sinn nicht zwangsläufig.

Kornder: Wir versuchen, hier zu differenzieren. Es gibt Wildarten, die gejagt werden müssen, weil sonst die Biotope zu sehr leiden, und das in einer Zeit, in der wir den Wald mehr denn je brauchen. Wir folgen zudem dem Grundsatz, dass die erlegten Tiere nutzbar sein müssen, ohne dass dadurch die Bestände gefährdet sind. Wir knallen also nicht irgendetwas ab und werfen es dann in die Mülltonne. Wenn also genügend Fasane vorhanden sind, die man ja essen kann, dann würden wir die Jagd darauf bejahen.

Wie verwertet man Füchse weiter?

Kornder: Außer wenn man im Winter den Balg verwertet, gar nicht. Die schießen wir dann nicht.

Die herkömmliche Jagd geht auf Füchse?

Kornder: Ganz klar. Mit dem Argument, damit Bodenbrüter und Niederwild zu schützen. In unseren Augen ist das Unsinn. Das regelt sich von alleine.

Aber die Anhänger der konventionellen Jagd bewegen sich im rechtlichen Rahmen?

Kornder: Der Großteil nicht. Denn die Jagd muss landeskulturell tragbare Wildbestände herstellen. Das erfüllt sie an entscheidenden Stellen nicht.

Was macht sie stattdessen?

Kornder: Sie hat immer noch den zu engen Blick auf die Tierökologie, aber auch auf bestimmte Arten, dort vor allem „Trophäenarten“. Sie hält für die jeweils landeskulturellen Gegebenheiten viel zu hohe Schalenwildbestände (zum Beispiel Reh oder Schwarzwild).

Ihrer Ansicht nach wird also zu wenig gejagt.

Kornder: Ja, beim Schalenwild sehen wir das so.

Vieles ist in der Jagd erlaubt. Das führt zu paradoxen Situationen, dass es Treibjagden unweit von Wohnsiedlungen gibt. Muss das sein?

Kornder: Wenn etwa die Hasenbestände für extreme Schäden im Knoblauchsland sorgen, dann muss man sie regulieren, also bejagen. Die Verantwortlichen brauchen hier viel Fingerspitzengefühl und sollten für Sicherheit sorgen.

Anwohner müssen über geplante Treibjagden nicht informiert werden. Das ist nur schwer nachvollziehbar.

Kornder: Bislang ist dies eben nicht vorgeschrieben. Aber es ist sicher geschickt und empfehlenswert, im konkreten Fall die Anwohner von einer Treibjagd in ihrem Umfeld in Kenntnis zu setzen.

Wolfgang Kornder spricht am 13. Februar um 19.30 Uhr im Naturkundehaus des Tiergartens. Der Eintritt ist frei.

http://www.nordbayern.de/nuernberger-nachrichten/nuernberg/okologische-jager-wir-knallen-nicht-irgendetwas-ab-1.3455711

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