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Jagdtourismus im Nachbarland: Auf Jagd in Polen

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Schau mir in die Augen, Kleines. Polen zieht viele Jäger zur Hirschjagd an.

"Schau mir in die Augen, Kleines." Polen zieht viele Jäger zur Hirschjagd an.

Hohe Wildbestände, wilde Landschaften: Polen ist ein beliebtes Land für Jagdtouristen auch aus Brandenburg. Das liegt auch an den gut organisierten Jagdreisen, die dort angeboten werden. Und wer nicht schießen möchte, kommt wegen der Natur.

Es ist dunkel, der Himmel sternenklar, ab und zu hört man ein Rascheln im Gebüsch. Maciek Łaz, Mitte dreißig, ist an diesem Tag in einem Waldgebiet etwa 30 Kilometer östlich der westpommerschen Stadt Koszalin unterwegs. Der nächste Ort ist mindestens ein Dutzend Kilometer entfernt. Es ist kurz vor Mitternacht. Maciek Łaz trägt Jagdmütze, Tarnjacke, Gummistiefel und geht vorsichtig durch das hohe Gras, er will keine Tiere aufschrecken. Sein Ziel ist ein Hochsitz an einem Feld. „Ich schieße nur selten etwas“, sagt Łaz leise. Das müsse auch gar nicht sein, Hauptsache er sei draußen in der Natur und könne durchatmen.

Gäste aus Berlin

Das klappt diesmal nicht so recht. Denn er ist nicht allein im Wald. Ihn begleiten zwei Jagdgäste aus Berlin. „Ich will nicht selbst schießen“, sagt Katarzyna Wysokinska, eine gebürtige Polin, die seit drei Jahren in Berlin lebt. „Es ist einfach wunderschön, nachts hier draußen zu sein. Ich wollte das schon lange mal miterleben.“
„Ruhe, bitte!“, zischt Maciek Łaz, „seid nicht so laut.“ Łaz arbeitet im Management eines Windkraftunternehmens in Koszalin. Mindestens einmal pro Woche versucht er, nachts zum Jagen in den Wald rauszufahren. Allein im Wald ist er dann meist nicht mehr. Łaz beobachtet, dass immer mehr Jagdtouristen in seine Gefilde kommen. „Es sind vor allem Deutsche.“
Diese Beobachtung bestätigt auch eine Mitarbeiterin des Poznaner Jagdreisebüros Jaworski. „Die meisten unserer deutschen Kunden kommen aus den alten Bundesländern“, sagt sie. „Wir haben aber auch Brandenburger, ganz einfach wegen der Nähe zur Grenze.“

Seit jeher ist Polen für Jagdtouristen eines der beliebtesten Zielländer. „Das liegt“, sagt Jerzy Szymanski, Chef des Jagdreisebüros Ostoja aus Poznan, „an der Artenvielfalt, den hohen Beständen, den schönen, wilden Naturlandschaften und nicht zuletzt an der guten Organisation der Jagdreisen.“ Deutsche ziehe es in erster Linie nach Westpolen und in die Masuren im Nordosten des Landes.
Wie viele Deutsche in Polen auf die Jagd gehen, kann niemand sagen. Der Polnische Jagdverband in Warschau registriert ausländische Jagdtouristen nicht, allerdings müssen Jagdbüros die nötigen Dokumente ausstellen. Das heißt, dass lediglich die jeweiligen Jagdbüros über Statistiken zu ihren Revieren verfügen.

Seltene Tiere

„Wir bieten drei- oder viertägige Jagdreisen an, aber auch längere, alleine oder in der Gruppe“, erzählt Jerzy Szymanski. „Einen Begleiter, der das Terrain kennt, haben wir immer dabei.“ Viele würden deutsch oder englisch sprechen, und wenn es doch mal Verständigungsprobleme gebe, könne man einen Übersetzer anrufen.
Maciek Łaz braucht keinen Jagdführer oder Übersetzer. Er kennt sein Terrain, in seiner Familie hat das Jagen Tradition. Sein Vater war Jäger, sein Großvater auch. In blumigster Jägersprache erzählt er, wie er einmal ein Wildschwein alleine aufgebrochen, das heißt ausgenommen, und zu seinem Auto geschleppt habe oder einen Hasen abgebalgt, ihm also das Fell abgezogen habe. „Wir haben in unseren Jagdgebieten sehr viele Tiere“, sagt er.
Krzysztof Geras vom Polnischen Jagdverband bestätigt das: „In der Saison 2013/2014 wurden in unseren Gebieten mehr als 400.000 Hirsche, Rehe und Wildschweine geschossen“, sagt er.
„Deutsche Jagdtouristen“, so Krzysztof Geras weiter, „kommen gerne zurück in ihre alten Jagdgebiete, sie bleiben ihnen treu.“
In den Masuren, wohin es regelmäßig viele deutsche Touristen zieht, trifft man ein äußerst seltenes Tier an, das auch geschossen werden kann: den Wisent. Der Europäische Bison, wie man den Wisent auch nennt, war lange Zeit vom Aussterben bedroht. In den 1950er-Jahren ist es gelungen, im Bialowieza-Nationalpark Wisentherden auszuwildern. In Deutschland selbst, in Nordrhein-Westfalen, gibt es erst seit 2013 wieder Wisente in freier Wildbahn, derzeit sind es zwölf.

Teurer Ausflug

Bevor man einen Wisent in Polen jagen darf, müssen die polnischen Behörden einen bestimmten Wisent, meist ein altes oder krankes Tier, freigeben. Eine Wisentjagd gilt als große Herausforderung für den Jäger, da sie mehrere Tage dauern kann. Darüber hinaus müssen für die Erlaubnis, einen Wisent zu schießen, auch schon mal mehrere tausend Euro gezahlt werden.
Der Hobbyjäger Łaz ist am Hochsitz angekommen. Oben atmet er tief durch, schenkt sich Tee aus einer Thermoskanne ein und schneidet Wildschweinwurst in Scheiben. Das Wildschwein hatte er selbst erlegt.

http://www.berliner-zeitung.de/brandenburg/jagdtourismus-im-nachbarland-auf-jagd-in-polen,10809312,30407568.html

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