160 Hektar groß ist das Jagdgebiet der Abtei Himmerod. Doch wer dort auf die Pirsch gehen darf, darüber gibt es seit mehr als einem Jahr einen Streit zwischen dem Zisterzienserorden und dem Bauunternehmer Ewald Holstein, der sich von der Abtei ausgebootet fühlt. In erster Instanz gab das Trierer Landgericht Letzterem Recht. Heute verhandelt das Koblenzer Oberlandesgericht über die vom Orden eingelegte Berufung.

Von einer "alten Freundschaft" spricht Pater Johannes Müller, leitender Abt im Kloster Himmerod, und meint damit die Beziehung zwischen der Abtei und ihrem langjährigen Jagdpächter Ewald Holstein. Eine alte Freundschaft, die vor mehr als 50 Jahren begann. Doch von dieser alten Freundschaft ist derzeit wenig zu spüren: Die beiden Parteien fechten seit mehr als einem Jahr einen Rechtsstreit aus und werden sich am heutigen Montag erneut vor Gericht wiedersehen.
Holstein selbst, ein bekannter Bauunternehmer vom Niederrhein, inzwischen 81 Jahre alt, spricht daher zumindest derzeit auch nicht von einer "Freundschaft" mit der Abtei, sondern von einem "Eifelkrimi". Ein Krimi, dessen Entstehungsgeschichte in die 1960er Jahre zurückreicht, als der schon damals beruflich sehr erfolgreiche Holstein als Gast an einer Jagd in der Eifel teilnimmt, dabei das erste Mal von der Abtei Himmerod hört und dieser Geld spendet. Einige Zeit später besucht er das Kloster. Man bietet ihm an, die Jagdpacht für das Klosterrevier zu übernehmen.
1961 wird der erste Vertrag zwischen der Abtei und dem Bauunternehmer sowie dessen Bruder über die Jagd auf dem 160 Hektar großen Gebiet des Klosters geschlossen. Weitere folgen. Die Brüder lassen dem Kloster über die Jahrzehnte hinweg Spenden von insgesamt mehreren hunderttausend Euro zukommen. "Wir sind Herrn Holstein sehr dankbar", sagt Pater Johannes Müller auch heute noch mit Blick auf die Spenden des Bauunternehmers.
Doch dann kriselt es zwischen den beiden Parteien: 2011 gerät die Abtei in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Alle Verträge werden unter die Lupe genommen, auch die über das Jagdrevier. Nun vertritt der Orden die Ansicht, dass mit Holstein kein typischer Jagdpachtvertrag bestehe, bei dem der Jäger hätte Jagdsteuer bezahlen und das Revier als Pächter hätte übernehmen müssen. Der Bauunternehmer habe durch die Verträge lediglich das Recht eingeräumt bekommen, auf dem Klostergelände zu jagen. Zudem sei er nicht wie vorgeschrieben bei der Unteren Jagdbehörde als Jagdpächter eingetragen worden. Die Verträge aus den 1960er Jahren sowie die Folgeverträge seien damals "unter Freunden" vereinbart worden, "aber nicht so rechtlich einwandfrei, wie das heute gefordert wird", sagt dazu der leitende Abt.
Die Abtei legt Holstein daher 2011 neue Verträge vor: Statt des bislang vereinbarten jährlichen Pachtzinses von etwa 1800 Euro schreibt sie dort 3750 Euro und eine Laufzeit des Vertrags von acht Jahren fest. Der Bauunternehmer ist nicht einverstanden und verweist darauf, dass erst ein Jahr zuvor der bisher bestehende Vertrag über 2033 hinaus bis 2066 verlängert worden war. Im Februar kommt es dann zum endgültigen Bruch: Die Abtei verpachtet das Revier an einen anderen Jäger aus der VG Wittlich-Land, Holstein zieht vors Landgericht.
"Das Urteil von Trier war ein 5:0 für mich", sagt der 81-Jährige heute mit Blick auf den Trierer Richterspruch (siehe Extra). Das Landgericht hatte in seinem Urteil vom Januar 2014 betont, dass der eingetragene Verein als Träger der Abtei Himmerod gar keinen Pachtvertrag mit dem neuen Jäger hätte schließen dürfen: Es gelte weiterhin der Pachtvertrag mit dessen Vorgänger, eben Herrn Holstein (siehe Extra). Jagen durfte er die vergangenen Monate dennoch nicht im Klosterwald. Denn die Abtei Himmerod hat Rechtsmittel gegen das Trierer Urteil vor dem Oberverwaltungsgericht in Koblenz eingelegt. Dort ist heute, 14 Uhr, eine mündliche Verhandlung zu dem Fall angesetzt.
Ein Urteil wird laut Thomas Henrichs, Sprecher des Oberlandesgerichts, voraussichtlich in drei Wochen verkündet - es sei denn, die Parteien einigen sich doch noch auf einen Vergleich. Vielleicht ja um der alten Freundschaft willen.
ExtraNach Auffassung des Trierer Landgerichts sind die zwischen dem Kloster und dem Bauunternehmer geschlossenen Verträge sehr wohl als Jagdpachtverträge zu beurteilen. Zum einen sei in den Dokumenten an mehreren Stellen von einem "Jagdpachtvertrag", nicht von einem bloßen "Jagdausübungsrecht" die Rede. Auch sei geregelt worden, dass der Jäger vollständig für entstandene Wildschäden aufkomme, was ebenfalls einem typischen Jagdpachtvertrag entspreche. Es spiele auch keine Rolle für die Wirksamkeit des Vertrags, dass dieser nicht bei der Unteren Jagdbehörde angezeigt worden war. Auch bestehe kein Anspruch auf Anpassung oder gar Kündigung des Vertrags aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten.