Stadt lässt das Damwild erschießen
Kein Gras, kaum Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere. So hat es im Damwildgehege früher ausgesehen.
Ein Jäger ist gestern im Glauchauer Tiergehege unter großen Sicherheitsvorkehrungen zu Gange gewesen. Er hat die letzten Rehe und Hirsche erlegt. Hintergrund ist ein Beschluss des Stadtrates, das Gelände zu verkleinern.
Glauchau. Als sie die Schüsse hörte, ist ihr richtig flau in der Magengrube geworden. "Warum machen die das?", fragte sie sich. Die Spaziergängerin, ihren Namen will sie nicht nennen, war gestern früh mit ihrem Hund unterwegs, als sie gegen 8.45 Uhr auf das rot-weiße Absperrgitter stieß. Im Glauchauer Tiergehege ging es plötzlich nicht mehr weiter. Der Hauptweg war dicht. Ein Mann, der die Absperrung bewachte, habe zu ihr gesagt, das Damwild im Tiergehege werde erschossen. Die Frau machte kehrt, und kurz darauf knallte es - mehrfach, wie sie sagt. "Es gibt so viele Leute, die das Tiergehege gern besuchen und sich an den Rehen erfreut haben, vor allem Kinder", sagt die Glauchauerin. "Wenn man sich schon von den Tieren trennt, muss man sie dann gleich erschießen?", fragt sie.
Wie die "Freie Presse" erfuhr, sind gestern unter hohen Sicherheitsauflagen die letzten sechs Tiere im Damwildgehege erschossen worden. Beauftragt wurde damit ein Jäger, der die erforderlichen Genehmigungen dafür besitze. Dazu gehöre, dass er nachweist, dass die Tiere verwertet werden, also schlussendlich auf den Tellern der Verbraucher landen. Alles andere würde gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Solche Schießaktionen habe es bereits zuvor im Tiergehege gegeben, um den Bestand zu reduzieren. Dies wäre selbst dann nötig gewesen, wenn man das Damwild hätte behalten wollen. Da aber die Tiere bislang nicht artgerecht gehalten wurden, hätte dies wiederum die Umgestaltung des Geheges zur Folge gehabt. So hätte zum Beispiel Gras angesät werden müssen. Die Tiere in andere Hände zu geben, habe mangels Interesse nicht funktioniert. Wegen Inzucht war ein Teil der Tiere mit Verwachsungen am Geweih behaftet.
Nach den Worten von Stadtsprecherin Bettina Seidel ist in der Vergangenheit zwar versucht worden, die Tiere an andere Züchter beziehungsweise Damwildhalter abzugeben. "Dies ist leider nicht gelungen, da kein Abnehmer für die Tiere gefunden werden konnte", fügte sie hinzu. So blieb am Ende nur des Jägers Flinte.
Im Sommer dieses Jahres hatte der Glauchauer Stadtrat auf Initiative des CDU-Rates Ulrich Schleife beschlossen, das Tiergehege im Carolapark zu verkleinern und das Damwild zu entfernen. Übrig bleibende Ställe und Zäune sollen in nächster Zeit nach und nach zurückgebaut werden. Einige Stadträte hielten das damals für einen Schnellschuss, weil damit bereits Fakten über die Größe des Geheges geschaffen wurden, ohne das Konzept des neuen Betreibers, der am 1. Januar das Gehege übernimmt, zu kennen.
Inzwischen ist der Vertrag zwischen dem neuen Betreiber - das ist der Verein zur Pflege von Nutz- und Haustieren - und der Stadt als Eigentümerin der Anlage unterzeichnet worden.
Seit gestern ist kein Tier mehr da im Damwildgehege des Glauchauer Carolaparks.