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Treibjagd Kanton Bern: «Mütter weggeschossen»

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Zitat: "Nun ist es aber bei Hirschen folgenschwer, wenn ein Muttertier geschossen wird, das ein Kalb säugt und «anleitet». Wenn schon, muss der Jäger auch das Kalb erlegen. Denn: «Bei Hirschen werden verwaiste Kälber brutal verstossen und attackiert, bis sie elendiglich eingehen.

Heuer trafen die Jäger mehr Hirsche als auch schon: Mit 375 Abschüssen haben sie die Quote fast erfüllt. Kritik gibt es, weil mehr Hirschkühe geschossen wurden.


Rotwild macht die Bauern wild: Das Ausmass der von Hirschen
angerichteten Schäden nahm im Kanton Bern heuer wieder ab.

Wie viele Rothirsche in den weitläufigen Berner Wäldern leben, weiss niemand genau. Die Wildhüter des Kantons gehen von etwa 1200 aus. Sicher ist, dass ihre Zahl im letzten Jahrzehnt stark gestiegen ist. Ebenso sicher ist, dass es aus Sicht der Waldbesitzer und Bauern sowieso viel zu viele Hirsche sind. Sie machen die Tiere für Schäden verantwortlich, die 2013 die bisherige Rekordsumme von fast 100 000 Franken erreichten. 2014 waren es mit 38 000 Franken wieder deutlich weniger.

Ohnehin verlief die diesjährige Hirschjagd laut dem kantonalen Jagdinspektor Peter Juesy insgesamt erfolgreich. Nachdem die Jäger in früheren Jahren Mühe hatten, die Abschussquoten zu erfüllen, erlegten sie dieses Jahr insgesamt 375 Hirsche, wie Juesy auf Anfrage sagt. Damit haben sie den «Abschussplan» von 393 Tieren beinahe erreicht.

Problemzone Oberland-Ost

Für Laien ist es erstaunlich, dass der Kanton fast ein Drittel aller Hirsche abschiessen lässt. Peter Juesy hält dazu einerseits fest, mit einer «Reproduktionsrate» von etwa 35 Prozent bleibe die Gesamtzahl der Hirsche auch so stabil. Andererseits verweist er auf die vielen Schäden. Das Fazit des Jagdinspektors: «Der Hirsch darf sich im Kanton Bern weiter ausbreiten, aber nur dort, wo das wald- und landwirtschaftsverträglich möglich ist.» Im Grossteil des Kantons ist diese kritische Grenze laut Juesy bei weitem nicht erreicht. Im Berner Jura etwa gibt es noch gar keine Hirsche, und im Emmental oder im westlichen Oberland darf ihre Zahl weiter ansteigen. Dort werden heute auch nicht so viele Hirsche geschossen. Die Problemzone schlechthin ist hingegen der «Wildraum 11» östlich des Thunersees von Sigriswil bis zum Hohgant sowie das ganze östliche Oberland vom Lauterbrunnental bis ins Oberhasli. «Hier müssen wir die Zahl der Hirsche senken», hält Juesy fest. Deshalb lagen die Abschussquoten hier bei bis zu 45 Prozent des Bestands. Diese Vorgaben haben die Jäger erfüllt und in diesen Gebieten total etwa 280 Hirsche erlegt. Laut Juesy ist es das mittelfristige Ziel, die Zahl der Hirsche im «Wildraum 11» von 300 auf 230 zu reduzieren.

Strafgebühr stark gesenkt

Um dem Hirsch Herr zu werden, geht der Kanton Bern einen Weg, der auch laut dem Jagdinspektor nicht ungefährlich ist. Man will, dass die Jäger vermehrt Kühe statt Stiere – Weiblein statt Männlein – schiessen, um die Vermehrung zu bremsen. Nun ist es aber bei Hirschen folgenschwer, wenn ein Muttertier geschossen wird, das ein Kalb säugt und «anleitet». Wenn schon, muss der Jäger auch das Kalb erlegen. Denn: «Bei Hirschen werden verwaiste Kälber brutal verstossen und attackiert, bis sie elendiglich eingehen.» Deshalb verlangte der Kanton früher eine abschreckende Strafgebühr von fast 1000 Franken, wenn ein Jäger ein Muttertier schoss. Die Folge: Die Jäger erlegten kaum Hirschkühe. Deshalb senkte der Kanton die Gebühr auf 400 Franken. Zudem gilt eine Sonderregel für die Gebiete, in denen der Kanton die Zahl der Hirsche stabilisieren oder reduzieren will: Hier müssen die Jäger gar nichts mehr bezahlen, wenn sie ein Muttertier erlegen, falls sie dabei auch gleich das Kalb schiessen.

Das wirkte. Juesys Statistik zeigt, wie stark die Zahl der erlegten Hirschkühe gestiegen ist. Es gibt aber einen Wermutstropfen, wie Juesy offen sagt: Dieses Jahr nahm die Zahl der Fälle, in denen Hirschkühe ohne Kälber geschossen wurden, stark zu. Der Anteil dieser Fälle, in denen verwaiste Kälber zurückbleiben, lag in den Vorjahren stets unter 30 Prozent und stieg nun auf 43 Prozent. «Wir werden das beobachten», sagt Juesy.

Ruhezonen für Hirsche fehlen

Deutlicher wird Hans-Ulrich Sterchi, bis 2013 Präsident von Pro Natura Bern und selber Jäger: «Hier wird die Mutter vom Jungen weggeschossen. Das ist unschön.» Sterchi appelliert an die Jäger, ihre Sorgfaltspflicht ernst zu nehmen. Das Hirschkonzept des Kantons lehnt er zwar nicht grundsätzlich ab. Aber: «Wir dürften den Hirsch etwas freudiger vorrücken lassen.» Sterchi zeigt zwar Verständnis für Bauern und Waldeigentümer, ist aber überzeugt, dass sich die Schäden begrenzen liessen, wenn man klar markierte, störungsfreie Schutzgebiete für Hirsche einrichtete. «Wenn wir sie im Wald in Ruhe lassen, sind sie weniger gestresst und richten weniger Schäden an.

http://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/kanton-bern/muetter-weggeschossen

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