Neue Rechte für Jäger regen auf
Aufsichtsjäger sollen Autos durchsuchen und Personen festnehmen dürfen. Vereine fürchten um Bürgerrechte und laufen gegen die Pläne Sturm, Land und Jäger beruhigen. Von Thomas Pilch und Günter Pilch.

Sollen Aufsichtsjäger künftig im Wald Festnahmen durchführen dürfen? Das neue Gesetz räumt ihnen dieses Recht ein
In den steirischen Wäldern herrscht Aufregung. Grund ist eine Novelle des Jagdschutzgesetzes, die bereits die Begutachtung durchlaufen hat und noch heuer vom Landtag beschlossen werden könnte. Darin werden unter anderem die Befugnisse der Jägerschaft deutlich ausgeweitet, Kritiker orten gar eine Einschränkung der verfassungsmäßigen Rechte von Spaziergängern und Sportlern.
Konkret geht es um die Befugnisse der 4450 steirischen beeideten Aufsichtsjäger. Diese in jedem Revier eingesetzten, speziell ausgebildeten Jäger wachen über die Einhaltung jagdlicher und naturschutzrechtlicher Vorschriften - und sollen diese künftig direkter durchsetzen können. So räumt ihnen der neue Gesetzestext das Recht ein, auf Verdacht hin Gepäckstücke und Fahrzeuge zu durchsuchen und Personen sogar "festzunehmen", wenn sie bei einer Übertretung ertappt werden. Zudem sollen sie Verdächtige auch "über das Aufsichtsgebiet hinaus" verfolgen und festnehmen dürfen. Auf Verdacht hin sollen Gegenstände abgenommen werden dürfen, die der Durchführung einer strafbaren Handlung dienen könnten.
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"Wanderer gehen die Jäger nichts an"
Heinz Gach ist Landesjägermeister in der Steiermark.
Die Befugnisse beeideter Aufsichtsjäger werden massiv erweitert. Brauchen die Jäger das?
HEINZ GACH: In anderen Bundesländern wie Kärnten oder Salzburg gibt es längst ähnliche Regelungen. Die Steiermark zieht jetzt nach und schafft ein zeitgemäßes Umfeld.
Sie halten das Recht zur Festnahme Verdächtiger oder zur Durchsuchung von Gepäckstücken für legitim?
HEINZ GACH: Das ist sicher nicht überzogen. Die Befugnisse entsprechen den Anforderungen.
Was sind denn die Anforderungen?
HEINZ GACH: Es geht um Fehlhandlungen, die in das Jagdgesetz fallen. Man denke an Wilderei, Beschädigung von Hochsitzen oder die Mitnahme von Fallwild oder Krickeln. Bisher hatte ein Aufsichtsjäger zum Beispiel keine Chance, den Wagen eines mutmaßlichen Wilderers zu kontrollieren. Das ändert sich.
Der Jäger darf ihm verdächtig erscheinende Personen sogar über das Revier hinaus verfolgen und anderswo festnehmen . . .
HEINZ GACH: Ja, das beeidete Organ darf Personen zur Feststellung der Identität nachgehen. Ein Wilderer muss also nicht mehr auf frischer Tat ertappt werden.
Verstehen Sie Kritik an der Verschärfung?
HEINZ GACH: Ich verstehe die Kritik insofern, als gewisse Dinge eben bisher nicht gestattet waren. Aber es geht in der Novelle ja nicht um Spaziergänger, Wanderer oder Mountainbiker. Die gehen die Jäger gar nichts an.
Muss sich ein Aufsichtsjäger ausweisen?
HEINZ GACH: Er muss gut sichtbar ein ovales Abzeichen mit dem steirischen Wappen tragen und einen Ausweis mitführen.
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Beim Alpenverein schrillen die Alarmglocken, wie Peter Kapelari aus der Vereinsleitung sagt. "Diese Kompetenzen für die Jäger sind überbordend, geradezu eine Einladung zu Konflikten und Missbrauch." Jeder Spaziergänger könne festgenommen werden, wenn er zufällig einen Wildfütterungsbereich betrete, ganz zu schweigen von Skitourengehern oder Mountainbikern.
"Wahnsinn"Derartigs fürchtet auch die Organisation "Upmove", die die Interessen der Biker vertritt. Die Novelle sei "purer Wahnsinn", klagt Geschäftsführer Dietmar Gruber. Jeder Biker, der vom Jäger auf einer Fortstraße oder einem Wanderweg gestellt werde, könne in die Mühlen geraten.
Beim Land verteidigt man die Neuregelung. "Die Befugnisse werden erteilt, um Wilddiebstahl entgegenzuwirken. Für Wanderer oder Mountainbiker sind sie nicht gedacht", heißt es aus dem Büro des zuständigen Landesrats Hans Seitinger (ÖVP).
Das sieht auch Landesjägermeister Heinz Gach so. Die Novelle erfasse nur Übertretungen des Jagdgesetzes. Schwammerlsucher, Mountainbiker oder Wanderer gingen die Jäger nichts an, behauptet er (siehe Interview rechts). Die Novelle nehme die Aufsichtsjäger an andere Stelle aber sehr wohl auch für die Überwachung naturschutzrechtlicher Vorschriften in die Pflicht, monieren Kritiker.
Kritisch betrachtet die Ausweitung der Kompetenzen der Wiener Verfassungsrechter Heinz Mayer. Eine Befugnis der Aufsichtsjäger zur Festnahme stelle einen Eingriff in die Grundrechte dar und sei verfassungsrechtlich fragwürdig, sagt er. "Das Land ist für solche Regelungen gar nicht zuständig." Werde jemand festgenommen, könne er den Fall über die Instanzen ausjudizieren lassen.