JAGD Künstlicher Fuchsbau des Teckelclubs / Rachelshäuser kritisieren Anlage

Die Hunde sollen lernen, Füchse in einem nachgestellten Bau aufzuspüren und zu verbellen. Verletzt werden die Tiere bei dem Training nicht, da durch Schieber ein direkter Kontakt zwischen Füchsen und Dackeln vermieden wird. Doch Schliefanlagen-Gegner kritisieren, dass die Füchse bei dem Training Stress ausgesetzt seien.

Die Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern der Bauhunde-Ausbildung wird auch im Hinterland ausgetragen. In der Nähe des Gladenbacher Stadtteils Rachelshausen gibt es eine Schliefanlage - die einzige im Landkreis. Sie wird vom Teckelclub Marburg-Biedenkopf genutzt. Zwei Füchse leben dort.
Die Öffentlichkeit auf das Thema Schliefanlagen aufmerksam machen wollen die Rachelshäuser Uwe und Heidrun Sänger und Christiane Busche. Sie sind der Meinung: Füchse gehören nicht in solche Anlagen. Das sei eine ethische, nicht eine rechtliche Frage, unterstreicht Christiane Busche. Denn verboten sind Schlief-anlagen schließlich nicht.
Jäger: Gesetz verlangt gut ausgebildete Hunde, die Füchse bleiben entspannt
Ist dieses Hunde-Training also legale Tierquälerei? Nein, sagen die Teckelzüchter - und berufen sich wie die Kritiker auf das Wohl der Tiere. "Das Gesetz verpflichtet einen Jäger, bei der Jagd brauchbare Hunde einzusetzen", verdeutlicht Armin Müller, 2. Vorsitzender des Teckelclubs. "Dafür gibt es eine Brauchbarkeitsprüfung." Für die Prüfung kommt nicht jeder Dackel in Frage. Wichtig ist zum Beispiel, dass ein Hund an einem Fuchsbau nicht desinteressiert vorbeiläuft. Überstürzt in einen Bau stürmen soll ein Dackel aber auch nicht, denn das kann tödlich für ihn enden. Der Hund muss stattdessen den Fuchs im Röhrensystem findet, einen gewissen Abstand halten und ihn verbellen.
In einer Schliefanlage zeigt sich, wie ein Hund auf Füchse reagiert, erklärt der Club-Vorsitzende Uwe Jacobi. "Der Hund muss einen Bau lesen, also erkennen können". Und das kann ein Teckel nun mal nur in einer Schliefanlage.
Und die Füchse? Die werden gut versorgt, sagen die Vorstandsmitglieder, sie werden regelmäßig vom Fachdienst Veterinärwesen beim Kreis kontrolliert und geimpft. Dass die Füchse beim Training Stress oder Angst erleiden, diese Bedenken teilen die Teckelzüchter nicht. Armin Müller: "Der Fuchs ist ein schlaues Tier. Er merkt schnell, der Dackel kann mir nichts, und bleibt entspannt."
Das überzeugt Christiane Busche nicht. "Wenn der Nachbarshund meinen Kater jagt, weiß der Kater auch, wie er auf einen Baum kommt." Das schließe Stress aufseiten des Gejagten nicht aus. So steht Meinung gegen Meinung. Deutlich wird das auch, als sich Christiane Busche, Uwe und Heidrun Sänger mit Uwe Jacobi auf dem Gelände der Anlage treffen. Die Diskussion verläuft sachlich, man begegnet sich höflich, bleibt aber konsequent in der Sache.
"Wer keinen brauchbaren Hund einsetzt, riskiert seinen Jagdschein", sagt Jacobi. Christiane Busche will wissen, ob die Baujagd überhaupt notwendig sei. "Absolut", antwortet Jacobi. Eine gezielte Bejagung sei nur dort möglich, wo der Fuchs sich aufhalte - im Bau. Und einer seiner Clubkollegen, der sich als Schliefwart um die Füchse kümmert, weist auf die Fuchsräude hin, die eine Bejagung grundsätzlich erforderlich mache.
Gegner: Tiere erleiden unnötig Stress, Haltung ist nicht artgerecht
Uwe Sänger, der die Schlief-anlage als gebürtiger Rachelshäuser schon lange kennt, findet, dass die beiden Füchsen zu wenig Platz haben. Auch wenn die gesetzlichen Auflagen erfüllt seien, so sei diese Haltung nicht artgerecht. Was hier (per Gesetz) ermöglicht werde, entspreche wohl einem Tierschutzverständnis der 50er Jahre. "Und was damals unter Tierschutz verstanden wurde, davon wollen wir mal gar nicht sprechen."
Gibt es Alternativen zur Jagdhunde-Ausbildung mit lebenden Füchsen? Das will Hunde-Experte Axel Wöhr von der gleichnamigen Hundeschule auf Nachfrage des Hinterländer Anzeigers zumindest nicht ausschließen. Allerdings, so Wöhr, lasse sich bislang nichts über den Erfolg anderer Ausbildungsmethoden sagen. Dies sei ein noch weitgehend unerprobtes Gebiet. Er sei gern bereit, gemeinsam mit dem Teckelclub weitere Möglichkeiten zu erproben.
Die gleiche Frage hat der HA Wolfgang Bäumer gestellt, der nahe Rachelshausen ein Jagdrevier gepachtet hat und selbst kein Teckelclub-Mitglied ist. "Wenn ich einen guten Hund brauche, gibt es eigentlich keine Alternative", sagt Bäumer. Die Füchse würden in der Anlage gut verpflegt und litten nicht. Der Jagdpächter geht noch in einem weiteren Zusammenhang auf das Wohl der Füchse ein: Offensichtlich sei die Schliefanlage nahe Rachelshausen bereits in den Fokus "militanter Jagdgegner" geraten. Einen Fuchs durch Aufschlitzen des Zauns zu "befreien", wie in der Vergangenheit geschehen, bringe den Füchsen überhaupt nichts. Denn die seien nun mal an Menschen gewohnt und anders sozialisiert als ihre Artgenossen in freier Wildbahn. Probleme seien dann programmiert.
Eine Auffassung, die auch die Schliefanlagen-Kritikerin Christiane Busche teilt. Den Füchsen sei mit einer nächtlichen Befreiungsaktion am allerwenigsten geholfen. Und Sachbeschädigung sei nun mal der falsche Weg. Zumindest ein Punkt, in dem sie und ihre Mitstreiter mit den Teckelzüchtern übereinstimmen.
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Welche Auflagen macht der Kreis?
Welche Auflagen für Schliefanlagen gibt es? Der Hinterländer Anzeiger hat beim Landkreis Marburg-Biedenkopf nachgefragt. Pressesprecher Markus Morr nennt die Gewöhnung der Füchse an Mensch und Hund als ein entscheidendes Kriterium. Die Füchse müssten zudem eine feste Bezugsperson haben. Eine Rolle, die in der Regel der Schliefwart übernimmt. Ausreichender Auslauf und Rückzugsräume seien weitere Punkte.
In der Anlage bei Rachelshausen stünden den Füchsen ein Zwinger von rund 50 Quadratmetern sowie zwei verschiedene Aus- und Rückzugsräume zur Verfügung, so Markus Morr. Die in den 50er Jahren errichtete Anlage sei vom Fachdienst Veterinärwesen zuletzt 2012 überprüft worden, davor im großen Umfang 2010.