Natur: Alzenauer Landwirte beklagen Totalausfälle auf ihren Feldern - Federvieh lässt sich die Pflanzen schmecken
Population hat sich vervielfacht Die Seen und Felder zwischen Alzenau und Kahl werden geliebt - insbesondere von Gänsen, die sich hier stark vermehren. Und zum Problem werden. Auf mehreren Feldern haben die Pflanzen keine Chance. Den Grau- und Kanadagänsen schmeckt’s, sie lassen nichts übrig. »Zweieinhalb Hektar Totalverlust« beklagt der Bio-Landwirt Alfred Kerber. »Die machen aus allem einen englischen Rasen.
Stammt aus Nordamerika und fühlt sich offenbar auch am Prischoß wohl: die Kanadagans.
Außer Kerber sind auch andere Alzenauer Landwirte betroffen. Die Gänse kommen in großen Schwärmen. Zu Dutzenden lassen sie sich auf den Feldern nieder und futtern gemeinsam los. Kreisobmann Stefan Köhler und Geschäftsführer Michael Roßmann haben sich am Montag nach der Einweihung des landwirtschaftlichen Themenwegs ein Bild vor Ort gemacht. Sie wissen: Die Wildgänse-Population hat sich in der Region in den vergangenen zehn Jahren vervielfacht.
Auch im nahe gelegenen Alzenauer Freizeitgelände Meerhofsee fühlen sich Gänse wohl. Sie vermehren sich und machen Dreck. Stadtwerke-Leiter Robert Hynar: »Den Kot der Gänse zu entfernen ist Handarbeit.« Die müsse regelmäßig geleistet werden, damit nicht bei Starkregen der Badesee verschmutzt wird. Ein echtes Problem aber habe man mit den Gänsen (noch) nicht.
Die Situation im Meerhofsee sei nicht zuletzt deshalb entspannt, weil es hier keine Enten gebe. Unterm Strich: »Wir haben die Sache im Griff«, sagt Hynar. Eine Aussage, die auch gerne die Landwirte treffen würden. Die aber sind weit davon entfernt.
Kein Alzenauer Problem
Der gesunde Appetit der Vögel ist freilich kein spezielles Alzenauer oder Kahler Problem. Der Bayerische Bauernverband ist eingebunden in Gespräche, in denen das Landwirtschafts- und Umweltministerium nach Lösungen suchen. Es gibt Regionen in Bayern, beispielsweise an der Donau, wo über 1000 Gänse auf engem Raum einfallen.
Nach den Beratungen gilt als beschlossen, dass Grau- und Kanadagänse künftig vier Monate länger bejagt werden dürfen, die neue Jagdzeit wird sich vom 1. August bis 15. Januar erstrecken. Klar ist zudem, dass die Nilgänse unter Jagdrecht gestellt und damit auch geschossen werden dürfen.
Wer vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) einen Aufschrei der Empörung erwartet, liegt falsch. Die Vogelschützer sind in die Beratungen eingebunden, vor den Problemen verschließen sie nicht die Augen.
Allerdings will der LBV einen anderen Ansatzpunkt. Auf Anfrage unserer Zeitung sagt Andreas von Lindeiner, der beim LBV für den Artenschutz zuständig ist: »Es ist zu kurz gegriffen, den Jäger zu rufen.«
Gänse seien schlaue Tiere, die sich auf Gefahren einzustellen wüssten. Andreas von Lindeiner: »Die merken sich sogar das Auto des Jägers.« Der LBV berichtet von zweifelhaften Aktionen. In München habe man Kanada-Gänse bekämpft, in die frei gewordenen Reviere seien Graugänse nachgerückt »in einer bis zu vierfach so hohen Population«.
Gänse-Management
Das Zauberwort heißt »Gänse-Management«. In der Obermainregion und im Gebiet um die Mittelfränkische Seenplatte sollen Projekte zeigen, wie es möglich sein wird, die Bestände zu regulieren und Schäden zu minimieren. Lindeiner macht klar, dass es für die Gänse Flächen geben müsse. Auch ein regulierter Bestand werde sich seine Plätze suchen.
Da Alzenau weit weg von den Pilotprojekten ist, bleibt nun abzuwarten, ob eine ausgedehnte Jagdzeit gewünschte Effekte bringt.
Für Alfred Kerber hätte es nicht so weit kommen müssen. Vor etwa zehn Jahren habe er einen damals noch kleinen Wildgänse-Schwarm auf einem seiner Felder beobachtet und sich Expertenrat geholt. Kerber: »Man sagte mir damals, ich solle mir keine Sorgen machen, weil 70 Prozent der Gänse, die ich sehen würde, schwul seien.«
Der Rest war offenbar enorm fleißig.
http://www.main-netz.de/nachrichten/region/alzenau/alzenau/art3981,3054637