Leonberg – Die Jagd ist nicht wie bei den Rittern", räumt Harald Plach gleich zu Beginn des großen Waldspazier-gangs die Annahme von Vorschüler Mike aus. Doch schießen müssten die Jäger schon, weil die natürlichen Feinde von Wildschwein und Reh – Luchse, Bären, Wölfe oder Adler – ausgestorben sind. Heute übernähmen deren Aufgabe die Jäger – und leider viel zu oft das Auto. Andernfalls würden sich die Tiere unkontrolliert vermehren und durch Krankheiten geschwächt sterben. Die Waidmänner sind an diesem Tag ohne Gewehr unterwegs und schnell sind die Kinder des evangelischen Kindergartens in Gebersheim von den spannenden Informationen über die Tiere im Wald gefesselt.
Beschwingt ziehen die 21 Buben und Mädchen Richtung "Dachsbau am Echo – kurz vor Wanjas Hütte". Die Kinder haben auf vielen Waldspaziergängen ihre eigenen Flurnamen kreiert. Alle zwei Jahre sind sie in Begleitung der drei Pächter des gut 400 Hektar großen Jagdreviers – Harald Plach, Manfred Keller und Friedrich Fruhstuck – auf gewohnten Pfaden unterwegs und staunen, welche Tiere in ihrer unmittelbaren Umgebung leben. Die Jäger haben zusammen mit ihrem Kollegen Jens Dettweiler Urlaub genommen und bereiten den Kindern ein unvergessliches Naturerlebnis.
Der saubere Schaffer
Genau hinsehen und die Zeichen richtig deuten war an diesem Morgen angesagt und mit Eifer haben die Kinder die Hinweise befolgt. Ob Fuchs und Dachs, die das mächtige Gangsystem gemeinsam bewohnen, derzeit wohl zuhause sind? "Der Dachs ist ein Schaffer und ordentlich", weiß Harald Plach. "Der macht jeden Tag die Bude sauber und vergräbt sogar feinsäuberlich sein Geschäft im Klo", erklärt er den staunenden Kindern. Die Eingänge sind diesmal von Laub bedeckt. Auch die Spinnweben seien ein Zeichen, dass derzeit niemand zuhause ist, deutet der Waidmann die Spuren.
Gleich nebenan finden die Waldabenteurer eine Kuhle ins Laub gescharrt. "Hier hat ein Rehbock ein Nickerchen gemacht", erklärt Plach. Wie unterscheidet sich aber das Schlafplätzchen von Bock und Rieke? "Schaut, das kleine Buchenstämmchen daneben hat Wetzspuren. Der Bock reibt seine Hörner daran und markiert damit sein Revier", hat der Jäger die Antwort parat. Weiter geht es zu einer sogenannten Kirrung. Die Jäger haben Mais unter einem schweren Stammstück versteckt, das nur die Wildschweine wegschieben können. Rehe zu füttern verbiete das Gesetz und so müsse man die cleveren Rüsseltiere mit dem feinen Geruchssinn auf diese Weise anlocken. Die Rehe lecken dafür gerne an einem Salzstein, der auf einem Stock angebracht ist. Die Mäuseburg, die die Jäger gebaut haben, soll die Füchse anlocken. Die Jagd ist also doch ein bisschen wie bei den Rittern.
Wer macht denn so was?
Auf der versteckten Wildwiese überraschen die Jäger und ihre Begleiter die Kinder mit Butterbrezeln und Getränken. Frisch gestärkt folgt der Höhepunkt: In Begleitung von Jens Dettweiler dürfen sie auf den Hochsitz steigen und bei Harald Plach wie richtige Jäger durchs Fernglas schauen. Das gefällt Pia am besten, weil es doch sonst streng verboten ist. "Nicht ohne Grund", hat Harald Plach den Kindern schon zu Beginn erklärt. Denn seit einiger Zeit sei das Besteigen der Hochsitze auch im Gebersheimer Revier lebensgefährlich. Schon mehrmals haben Unbekannte ganze Hochsitze umgesägt oder in stattlicher Höhe die Sprossen versteckt angesägt, dass die Jäger schwer zu stürzen drohten. Die Kinder und Erzieherinnen mögen so viel Heimtücke in Gebersheim kaum glauben.
Der "Lernort-Natur"-Anhänger der Kreisjägervereinigung Leonberg entpuppt sich auf der Lichtung als spannende Wunderkiste. Maja streichelt mit Hingabe das weiche Fell der ausgestopften Füchse, während Manfred Keller den anderen Kindern das borstige Fell eines Wildschweins und ausgestopfte Tiere zeigt, die sich in der Natur nur selten zeigen.
Die kommissarische Kindergartenleiterin Beate Rathfelder ist begeistert: "Selbst ich als Gebersheimerin kenne die tollen Stellen gar nicht, an denen wir waren." Der Einsatz der Jäger sei enorm. "Das kostbarste ist bei den Menschen heute die Zeit und darum sind wir wirklich dankbar für das Angebot", resümiert sie den gelungenen Vormittag.
Zitat eines Ersatzraubtieres: "Denn seit einiger Zeit sei das Besteigen der Hochsitze auch im Gebersheimer Revier lebensgefährlich. Schon mehrmals haben Unbekannte ganze Hochsitze umgesägt oder in stattlicher Höhe die Sprossen versteckt angesägt, dass die Jäger schwer zu stürzen drohten. Die Kinder und Erzieherinnen mögen so viel Heimtücke in Gebersheim kaum glauben" ----
Womit sie wohl auch gut tun solch einem Jägerlatein nicht auf dem Leim zu gehen. Doch die kommissarische Kindergartenleiterin scheint ja wohl auch ein sehr übles Verhältnis zu Tieren zu haben. Wie kann man nur Kinder einer derartigen Mordpropaganda aussetzen?