Rudolf Moser aus Riedheim beantragt als erster im Bodenseekreis ein Jagdverbot

Markdorf / sz Rudolf Moser aus Riedheim verbietet die Jagd auf seinem Grund und Boden. Damit ist er der erste Bürger im Bodenseekreis, der das Recht in Anspruch nimmt, das ihm ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus dem Jahr 2012 zugesteht. Seit dem vergangenen Dezember ist das Urteil rechtskräftig im deutschen Bundesjagdgesetz verankert. „Sofort“, sagt der 83-jährige Moser, der von einer Holzbank aus über seinen herrlich blühenden Garten blickt. „Sofort habe ich den Antrag gestellt. Das war ideal für mich, als das Urteil kam.“
Der Befriedungsantrag, den er im Dezember stellte, läuft immer noch. Einen grünen Aktenordner füllen die Schreiben mittlerweile, die für das Verfahren nötig sind. „Ich habe eine eidesstattliche Erklärung abgeben müssen“, sagt Moser, „dass ich gegen die Jagd bin.“ Darin schilderte er ausführlich, was er schlimmes in der Kindheit erlebt habe, was ihn noch heute tief bewege und was der Grund sei, weshalb er die Jagd grundsätzlich ablehne.
Was für den Antrag notwendig ist
Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, will sich das Friedrichshafener Landratsamt nur schriftlich zu dieser Sache äußern. Neben der eidesstattlichen Erklärung muss der Antragsteller noch weitere Unterlagen einreichen: „Er muss erklären, dass er keinen Jagdschein besitzt oder beantragt hat. Wir benötigen außerdem eine Aufstellung seiner gesamten Grundstücke im In- und Ausland“, schreibt Pressesprecher Robert Schwarz. Die Entscheidung werde dann im Landratsamt gefällt und zwar von einem Gremium bestehend aus „einem Vorsitzenden sowie je einem Vertreter der Forstbehörde, der Landwirtschaft, der Jagdgenossenschaften, der Gemeinde und der örtlichen Jägerschaft.“
Wer selber auf die Jagd geht, braucht den Antrag gar nicht erst zu stellen. Für Rudolf Moser wäre das Gegenteil der Fall: Einmal, als eine Jagdgesellschaft unangekündigt über sein Grundstück gezogen sei – was von Gesetz wegen erlaubt ist – da sei er mitten hineingerannt und habe laut gerufen, um die Jagd zu unterbinden. „Die haben hier auf der Wiese herumgeschossen“, erzählt Moser. „Aber solange ich laut rufen kann, werde ich das aufhalten.“ Ein anderes Mal, als er vorab informiert wurde, da habe er mit einer Anzeige gedroht. Über sein Grundstück seien die Jäger dann nicht gelaufen. Die Rücksicht habe ihn gefreut.
Dabei will Moser der Jagd keineswegs den Sinn absprechen: „Ich sehe ein, dass Jagd notwendig ist und dass der Wildbestand geregelt werden muss, aber eben nicht auf meinem Gelände.“ Fast zweieinhalb Hektar umfasst dieses. Für die Jagd im Großen und Ganzen habe dies wenig Bedeutung, meint auch Peter Nietfeld, Leiter des Hegerings Markdorf. Er selber zeigt Verständnis für Mosers Wunsch: „Wenn das einer so für sich haben will, ist das sein gutes Recht.“ Aber er versteht auch, dass manchem Jäger das ein Dorn im Auge ist. „In der Jägerschaft führt jede Veränderung zu Unmut“, sagt Nietfeld. „Das ist aber woanders auch so. Das ist ganz normal.“ Neuland sei es, vor allem auch der Umgang damit. „Wir müssen alle darauf achten, dass wir sorgsam damit umgehen.“ Nietfeld glaube jedenfalls, dass Moser vorerst der einzige in der Region bleibe. Die meisten Menschen hier seien der Jagd gegenüber eher positiv eingestellt.
Störche machen es kompliziert
Was Rudolf Mosers Fall allerdings verkompliziert, ist, dass sich ein Storchennest auf seinem Gelände befindet. Wenn er schon ein Biotop anlege, habe sich Moser gedacht, dann solle dies auch Storche beherbergen. Die stehen unter strengem Artenschutz und die Storchenbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Ute Reinhard, empfiehlt, dass in einem Radius von 300 Metern um das Storchennest herum nicht geschossen werden sollte. „Gegen Schussgeräusche sind Störche außerordentlich empfindlich“, erklärt Reinhard am Telefon. Und Rudolf Moser will diese Schutzzone ebenfalls durchsetzen. Die Störche, die seit fast zehn Jahren bei ihm leben, sind ihm ans Herz gewachsen.
„Hier handelt es sich um die persönliche Einschätzung der Storchenbeauftragten, die jedoch nicht vom Regierungspräsidium geteilt wird“, heißt es vom Landratsamt. Dietrich Kratsch, im Regierungspräsidium für Naturschutzrecht zuständig, bestätigt: „Außerhalb der Brut und Aufzuchtzeit, ist aus dem Naturschutzgesetz ein Verbot schwer abzuleiten“, sagt Kratsch am Telefon. Es sei eine Empfehlung an das Landratsamt.
Bei einem Spaziergang über sein Grundstück, durch hohes Gras, dichte Büsche und vorbei an grünen Seen, entfaltet sich die Vielfalt eines Naturschutzgebietes: watschelnde Enten, singende Vögel und brütende Störche. Die Natur macht Moser zu einem privilegierten Menschen und er wünscht sich, dass das so bleibt.