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Channel: Der Anti-Jagdblog - News über Jagd & Wildtiere
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Schießwütige Schweden im Elchjagdfieber

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An der traditionellen Jagd auf Elche in Schweden nehmen rund 300 000 Jäger teil. Darunter auch Kinder.

Jessica Gard ist seit ihrem elften Lebensjahr eine begeisterte Elchjägerin.
Jessica Gard ist seit ihrem elften Lebensjahr eine begeisterte Elchjägerin.

Schießwütige Schweden in Wäldern. Das passt nicht so ganz in das allgemeine Bild der zurückhaltenden und so kinderfreundlichen Skandinavier. Doch seit einer guten Woche ist die traditionelle Elchjagd in vollem Gange.

Gewöhnliche Waldspaziergänge werden, wenn überhaupt, mit größter Vorsicht unternommen. Im Gegensatz zu deutschen Touristen, die sich damit begnügen, die Tiere anzugucken und über deren Elchliebe ein wenig herablassend gewitzelt wird, verspeisen die Schweden die Vierbeiner lieber.

Insgesamt werden in dieser Jagdsaison bis Ende Januar rund 87 000 Elche sterben. „Es gibt derzeit insgesamt rund 400 000 Elche, also mehr als genug“, sagt Per Zakariasson vom Jägerverband der SZ. Die Elchjagd ist in Schweden durch alle sozialen Schichten hindurch ein sehr beliebter Volkssport. „Es ist ein richtiges Volksfest“, sagt Zakariasson. Insgesamt sollen sich in diesem Jahr bis zu 300 000 Jäger auf die Pirsch machen. Das ist eine Menge bei einer Gesamtbevölkerung von 9,6 Millionen Einwohnern. Schon Kinder werden mitgenommen und auch Greise sind dabei, im Zuge der Gleichberechtigung auch immer mehr Frauen.

Jagen zum Ausgleich

„Mein Vater hat mich das erste Mal mit elf Jahren mitgenommen. Das war beeindruckend. Dieses Gemeinschaftserlebnis. Und dann diese riesigen Tiere“, sagt die 24-jährige Jessica Gard, Personalmanagementstudentin im nordschwedischen Luleå. Ihr Vater ist Arbeiter bei Scania. Die Elchjagd findet in ihrer Familie schon seit unzähligen Generationen statt.

Auf der diesjährigen Elchjagd hat Jessica schon einen Elch geschossen. „Wir saßen im Wald und plötzlich sah ich am GPS, dass unser Hund Richtung Gewässer rannte. Wir rannten hinterher und sahen einen Elch, der versuchte, durch das Wasser zu flüchten, das war Action direkt“, sagt sie begeistert. „Dieses Gefühl, einen Elch zu töten, aber eben nicht nur das Töten, sondern alles ringsherum, die Vorbereitung und die Zeit im Wald, das Jagdteam, das ist ein wunderbares Gefühl“, sagt sie.

Auch mit der zunehmenden Digitalisierung und dem ständigen Hocken vor Computern werde die Elchjagd gerade auch für jüngere Menschen immer mehr zu einem Ausgleich, so Jessica.

Derzeit sind die Zeitungen voll von der diesjährigen Elchjagd. Es werden unzählige Kochrezepte für Elchfleisch dargeboten und Lebensgeschichten von Jägern erzählt. Da ist etwa Jäger Arvid Grahn aus dem nordschwedischen Lycksele, der schon seit 1938 an der Elchjagd teilnimmt, und der in diesem Jahr laut dem Internet-Jagdblog der Lokalzeitung VK seine allerletzten Elche erlegen wird. Auch viele Kinder folgen den Eltern in Jagdmontur, mit Funkgerät und Ohrenschutz. Manche Kinder sind dabei gerade mal sechs Jahre alt. Dass die Elchjagd grausam sei, finden Jessica und mit ihr viele andere an sich tierliebende und umweltbewusste Schweden nicht. „Es ist viel ökologischer und ehrlicher, im Wald selbst ein Tier zu erlegen und es zu essen, statt in den Supermarkt zu gehen, um abgepacktes Fleisch von weither zu kaufen“, sagt sie.

Während die Wolfsjagd in Schweden für viel Kritik gesorgt hat, weil deren Fortbestand als gefährdet angesehen wird, ist das mit den Elchen anders. Der Jagdverband und die Jagdaufsicht unterstreichen, dass es zu viele Elche in Schwedens Wäldern gibt. Von deren natürlichen Feinden, den Bären und Wölfen, gibt es leider immer weniger im Königreich.

Wenn die Elchanzahl nicht jedes Jahr reduziert würde, gäbe es gewaltige Probleme. Zum einen kommt es immer wieder zu dramatischen Unfällen auf Landstraßen in denen Elche vor Autos laufen. Bei zwei Dritteln aller Autounfälle in Schweden sind laut Schätzung des Automobilverbandes Wildtiere involviert. Rund 6 000 Unfälle im Jahr haben mit Elchen zu tun. In Schweden wird gar ein schriller elchabschreckender Ton getestet, der durch Scheinwerferlicht an den Straßenseiten ausgelöst wird, um die Unfälle zu vermindern. Zudem gelten Elche den Wald- und Landeigentümern als Ärgernis, weil sie junge Bäume zerstören.

Etwas seltener kommen jedes Jahr auch Zwischenfälle mit betrunkenen Elchen vor. Die Tiere lieben herbstlich gegorenes Fallobst, wie Äpfel. Ähnlich wie Zweibeiner werden einige der scheuen Tiere vom Alkohol sehr aggressiv. So randalieren sie manchmal in Vorgärten und einmal sogar in einem Altersheim. Dass kann bei ihrer körperlichen Masse tatsächlich zu gefährlichen Situation führen.

http://www.sz-online.de/nachrichten/im-elchjagdfieber-3199130.html

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