
Ein Donnerstag, 19 Uhr, im Saal des Landgasthofes Neuwiese.
Irgendwie erinnert die Atmosphäre bei diesem 2. Jägerstammtisch an den Schulunterricht von dazumal.
Fast 50 Jäger sitzen an ihren Tischen, in der Saalmitte ein separater Tisch für Gesprächsleiter und Gäste*. Das Publikum wird beauftragt, sich mit der Definition von Art & Artenschutz zu beschäftigen. „Fangen wir mit Ihnen an. Ja Sie da hinten, junge Frau...".
WochenKurier ist leicht irritiert. Sollte es hier tatsächlich um das Reizthema Wolf gehen? Ein paar Minuten später stellt sich uns die Frage nicht mehr. Die Jäger machen ihrem Ärger Luft: „Der Artenschutz ist für uns nicht teilbar. Wir wollen für den Artenschutz einstehen - aber nicht nur für eine Art".
Damit spielen die Weidmänner auf den staatlich gewollten und großzügig finanzierten Schutz des Wolfes an. „Es kann doch nicht sein, dass eine Art wie der Wolf mit viel Geld geschützt und gefördert wird und wir müssen mit dramatischen Veränderungen beim Wildbestand in unseren Revieren kämpfen", erregt sich Jäger Hans Birnick aus Neuwiese. „Seit der Wolf sich breitgemacht hat, lässt sich kein Reh, kein Hase, kein Wildkaninchen mehr blicken. Sollen wir dem letzten Hasen einen Chip an den Löffel machen, damit man weiß, wo der lang läuft und ich meinen Enkeln später mal einen Hasen zeigen kann?"
Jäger Heinz Bläsche aus Weißkollm ergänzt: „Seit etwa drei Jahren haben wir täglich Wolfskontakt. Diese Vielzahl an Tieren bringt uns doch gar nichts: Die Mufflons sind bereits aus unseren Wäldern verschwunden. Rehwild ist zwar noch da, aber es liegt in den letzten Zuckungen. Wir Jäger haben das Gefühl, dass es in der Landesregierung eine Clique gibt, die sich für den Wolf einsetzt und unantastbar ist."

Laut Jägerschaft wurde der Wolf in Deutschland nie ganz ausgerottet - doch auf sehr wenige Tiere begrenzt. Dafür sorgten nicht zuletzt großzügige Abschussprämien, die .B. in Polen (bis 1998!) in Höhe eines Monatsgehaltes gezahlt wurden.
Immer mehr Hände werden gehoben, immer mehr Jäger bitten um Gehör.
- „Wir bezahlen für unser Revier. Im Gegensatz zu einem Wolfsbüro. Was die für Technik haben. Und Autos, Tankkarten, Handys...".
- „Es ist mühselig gegen so eine Staatsdoktrin vorzugehen. Es wird doch davon ausgegangen, dass ein Großteil der Bevölkerung Pro-Wolf eingestellt ist".
- „Wir Jäger sind für Artenvielfalt. Wir wollen uns als Menschen nicht darüber erheben und festlegen, was gut und was vielleicht schlecht ist. Das macht uns unglaubwürdig. Aber man muss doch fragen dürfen, ob wir den Wölfen freien Lauf lassen sollen, sie schützen und fördern - oder ob wir die Entwicklung der Population nicht lieber sinnvoll lenken. Dann müssen Gesetze geändert werden. Das kann Sachsen nicht machen, das kann der Bund nicht machen, das kann nur auf EU-Ebene passieren. Doch einer Gesetzesänderung müssen 27 Länder zustimmen. Das ist ein langer Prozess, aber er muss mal angeschoben werden. Dazu muss die Öffentlichkeit Druck ausüben. Denn die Politiker machen nichts aus Überzeugung", ist sich der Redner sicher. „…Es sei denn, dass sie dadurch Wählerstimmen gewinnen oder verlieren."
- „Wir gehen davon aus, dass die Wölfe den Steuerzahler bereits über 5 Millionen Euro gekostet haben. Ohne die Zahlungen, die an Besitzer gerissener Tiere geleistet wurden."
Letztlich kommen die Jäger zu dem Schluss: „Wir brauchen kein Wolfsmanagement. Wir brauchen ein Wildmanagement!"
Als Fazit des Abends formulierte Weidgenosse Peter Vogt vom Jagdverband Hoyerswerda: „Dieses Thema ist für uns Jäger eine unendliche Geschichte, die endlich gestaltet werden muss. Mit der Aufnahme des Wolfes in das sächsische Jagdgesetz ist nun der 1. Schritt getan.
Kein Jäger will den Wolf ausrotten. Wir Jäger wünschen uns ein sachliches und zielorientiertes Miteinander im Interesse aller wildlebenden Tiere. Wir könnten uns vorstellen, ein „Wildtierbüro" mit einem „Wildtiermanagement" in Sachsen im Interesse des Erhalts einer Artenvielfalt, aber auch zum Schutz des Lebensraumes der heimischen Tierwelt zu installieren.
Es hat sich aber auch gezeigt, dass es großes Defizit in der Kommunikation unter den Jägern sowie zwischen Jägern und der Bevölkerung gibt.
Eine Konsequenz sollte sein, dass wir vom Landesjagdverband Sachsen uns eine Einrichtung schaffen, in der es nicht um die reine Ausbildung von Jägern geht, sondern vielmehr um eine Schule/Akademie zur Weiterbildung jagdspezifischer, aber allgemeininteressierender Themen, wie z.B. Artenschutz, Naturschutz usw.. Dennoch sollte sie auch als Informations- und Begegnungsstätte dienen. Für mich als Vorsitzender JV Hoyerswerda, aber auch als Mitglied des Präsidiums des LJV Sachsens, muss sich jetzt u.a. der Schwerpunkt meiner Arbeit auf eine verbesserte Kommunikation auf allen Ebenen ergeben.
Ich persönlich fand es sehr schade, dass das Wolfsbüro LUPUS meine Einladung zu diesem Pressestammtisch abgelehnt hat. Ich glaube, hier hätten viele Irritationen aus der Welt geschaffen werden können."