Ein Politiker geht auf die Pirsch. Ob daraus ein Volltreffer wird - fraglich
Der „Jaga Tom“ hatte ein Problem. Für sein Revier hatte die örtliche Gemeindeverwaltung den Abschuss der dortigen Biber beantragt, und jetzt rätselte der Waidmann, wie er denn die Nager am besten zur Strecke bringen sollte. Der Hilferuf vom März vergangenen Jahres ist im Internet dokumentiert – geht es nach dem Abgeordneten Johann Häusler, könnten ihm bald weitere folgen.
Denn Häusler, für die Freien Wähler im Münchner Landtag, will dort mit einem Antrag erreichen, dass die unter Naturschutz stehenden Tiere wieder bejagt werden dürfen. Der Bestand sei gesichert, nun müsse „eine Biberplage“ verhindert werden. Häusler: „Schon jetzt gehen die Biberschäden in die Millionen, sodass wir zeitnah handeln sollten.“
Anschauungsmaterial für diese These findet der Abgeordnete vor seiner Haustür. Häusler kommt aus Biberbach im nördlichen Landkreis Augsburg. Schätzungen zufolge haben es sich 100 Nager im Gemeindegebiet gemütlich gemacht, die Kommune klagt jährlich über Biberschäden in Höhe von mehreren Zehntausend Euro an Wegen und Dämmen und die steigende Hochwassergefahr durch die rege Bautätigkeit des Bibers.
Schwierigkeiten wie diesen will Häusler nun durch den Einsatz der Jägerschaft beikommen. Der Biber-Bestand soll reguliert werden, so wie bei anderen Tierarten auch. Um den Jägern die Sache schmackhaft zu machen, plädiert der Politiker dafür, dass sie nicht für Biberschäden haftbar gemacht werden dürften. Die Haftungsfrage ist einer der Gründe, weshalb die Jäger bislang gegen die Aufnahme des Bibers ins Jagdgesetz waren.
Der von Häusler ins Spiel gebrachte Haftungsausschluss „wäre eine Option“, findet Hans Fürst. Der Kreisvorsitzende der Augsburger Jägerschaft stellt aber klar: „Wir sind überhaupt nicht wild darauf, den Biber zu jagen.“ Die 550 Grünröcke im Altlandkreis haben schon mit den überhandnehmenden Wildsauenhorden alle Hände voll zu tun. Verweigern würden sie sich aber nicht, wenn sie mithelfen könnten, Schäden zu vermeiden, sagt Fürst. Er geht seit über drei Jahrzehnten auf die Pirsch, sein Revier liegt bei Aretsried an der Schmutter. Fürst: „Ich sehe, dass tatsächlich Leute durch die Biber Schäden haben. Die kann man damit nicht alleine lassen.“
Vorbild für eine Regelung könnte nach Fürsts Auffassung der Umgang mit dem Kormoran sein. Für den als Fischräuber berüchtigten Vogel besteht inzwischen eine Tötungserlaubnis, in koordinierten Aktionen rücken ihm Jäger zu Leibe.
Doch Naturschützer warnen. Ein generelles Jagderlaubnis treffe auch Tiere, die überhaupt keine Probleme machen, warnt Johannes Enzler. Der Vorsitzende des Bund Naturschutz im Raum Augsburg: „Mir ist schon klar, dass es einige Tiere gibt, die für Probleme sorgen. Aber deswegen alle zur Jagd freizugeben, das halten wir nicht für richtig.“ Zudem dürfe man nicht übersehen, dass die in Bayern nach der Ausrottung wieder angesiedelten Nager einen wertvollen Beitrag zur Artenvielfalt leisten. Der BN halte die bisherige Regelung, wonach die grundsätzlich unter Schutz stehenden Tiere mit einer Ausnahmegenehmigung gejagt werden, für die richtige Vorgehensweise. Gerardo Pallotta weiß, wie ein Biber zu erlegen ist. Der hauptamtliche Biberbeauftragte des Landkreises hat schon etliche Tiere zur Strecke gebracht und könnte mit deren Freigabe für die Jagd leben. Er glaubt aber nicht, dass sie die Probleme lösen würde. „Biberjagd ist nicht einfach, das ist richtig viel Arbeit.“ Der Biber halte sich meist im Wasser auf und komme nur in der Dunkelheit an Land. Überdies sei das Tier noch schlauer und misstrauischer als Wildschweine. Sogar wenn der Abschuss glückt, sei nicht viel gewonnen. Pallotta: „Sobald ein Biber geschossen ist, kommt der nächste in sein Revier.“ In Fallen tappten in der Regel nur jüngere Tiere, ältere seien viel zu schlau. Gegen eine unerwünschte Ausbreitung des Bibers helfe, den Tieren wenig Platz zu lassen. „Dann kann er sich nicht vermehren.“